Als man im Landkreis Tecklenburg 1947 darüber nachdachte, was nun werden soll aus dem 1937 für 30.000 Reichsmark erworbenen ehemaligen Zisterzienserinnenkloster Gravenhorst, da meldete sich der Oberkreisdirektor und gab zu bedenken, dass – mag die Region auch noch so katholisch geprägt sein – die zu findende Lösung keiner Konfession das Gefühl der Zurücksetzung geben dürfe.
Das war leicht dahingesagt. Ein Kindererholungsheim wurde geplant, doch Kinder zogen in Hörstel nicht ein. Dann waren Schwestern der Göttlichen Vorsehung im Gespräch.Doch bewirtschaften durften sie die Anlage nie. Auch die Alten fanden dort kein Heim, ebenso wenig wie der Gardinenfabrikant, der auch Spielzeug im Sortiment hatte. Die ohnehin maroden Mauern gammelten weiter vor sich hin, denn es sollte bis 1954 dauern, bis die baufällige Anlage an einen Gastwirt und einen Müllermeister verscherbelt wurde.
Doch mussten noch weitere 50 Jahre ins Land ziehen, bis das 1986 vom Kreis Steinfurt zurückerworbene ehemalige Kloster seiner heutigen Nutzung zugeführt werden konnte.Die ist nun wieder spirituell, konfessionell aber unverdächtig: Das Kloster ist seit 2004 ein Ort für die Künste.
Dort, wo über fast sechs Jahrhunderte Nonnen von eigener Hände Arbeit lebten, ist nun – wie der Name »DA Kunsthaus Kloster Gravenhorst« schon erkennen lässt – das Zeigen Programm. Wobei man sich zur Aufgabe gemacht hat, neben zahlreichen Theater-Aufführungen und Konzerten auch den bildenden Künstlern aus der Region ein Forum zu bieten. Wer nun an Gegenständliches wie Weiden und Koppeln im milden Herbstlicht auf- und untergehender Sonnen und ähnliche Kostbarkeiten des heimatverbundenen Kitschhandwerks denkt, der irrt. Denn das Wort »regional« wird »DA« so welt- und weitläufig wie irgend möglich ausgelegt. So zeigt etwa die diesjährige Schau »Kunst in unserer Region« (bis zum 4.12.), dass in Münster, Ibbenbüren, Havixbeck oder Ochtrup thematisch wie stilistisch an künstlerischer Vielfalt kein Mangel herrscht; ob nun mit dem herkömmlichen Bleistift auf Papier gezeichnet wird oder gleich mit Blumendraht direkt auf die Wand, von der Fotomontage über die aufgespannte Damenstrumpfhose bis hin zu Mischtechniken auf Holz oder unter Glas. Auch bezeugen Projekttitel wie »Remember History / Think History« oder »Body Relations«, dass man sich »DA« diskursiv am internationalen Ausstellungsbetrieb orientiert und gewillt ist, das Publikum zu fordern.

Die keineswegs selbstverständliche Ambition des im Rahmen der Regionale geförderten Projektes und nun überwiegend vom Kreis Steinfurt getragenen Kunsthauses lässt sich auch daran ablesen, dass man zur Förderung künstlerischer Innovation unter dem Titel »Kunst- Kommunikation« eigens ein Stipendien-Programm aufgelegt hat. Anders als viele Kommunen, die sich für wenig Geld oder bescheidene bis beschämende Künstlerwohnungen billig als Kunstförderer ins Gespräch bringen, sind die Mittel, die das »DA« den Stipendiaten zur Verfügung stellt, ausschließlich Projekt-Gelder. »Gemeinschaftsorientierte « Arbeiten wünscht sich die Jury, zudem sollen die Vorhaben »nicht ausschließlich für einen musealen Kunstraum geplant werden.« Denn Kunst versteht sich im »DA« auch als Intervention im regionalen Raum. Was aber keineswegs heißt, dass – wie in diesem Jahr – mit Sven Daemens multimedial angelegter Untersuchung zum Wandel von Privatheit, »I past in transparency«, nicht auch ein in Berlin lebender Künstler zum Zuge kommen kann.
Auf spektakuläre Weise erfüllt Frank Bölters Vorhaben »Auf großer Fahrt« die Ausschreibungskriterien, wenn er im nächsten Sommer in einem überdimensionierten Papierschiffchen vom französischen Cîteaux aus, in dem die Zisterziensergemeinschaft 1098 gegründet wurde, ins Münsterland schippert. Vom Ursprung des Ordens bis zur Endstation, dem Kunsthaus, wird der Kölner Künstler auf dem Wasserwege nochmals jenen langen und beschwerlichen Weg der Säkularisierung symbolisch nachzeichnen, an dessen Ziel ein wunderbarer Ort für die Kunst entstanden ist. Das aufwändig restaurierte Kloster allein ist Sehenswürdigkeit genug, die Besucher in großer Zahl nach Hörstel zu führen. So wie es zurzeit aussieht, hat man dort die große Chance erkannt, die darin für zeitgenössische Artefakte liegen könnte.