Als erster erklärte er das Universum. Doch nahm keiner ernst, was George Lemaître herausgefunden hatte. Seine bereits 1927 veröffentliche Urknall-Theorie wurde von den Kollegen belächelt und als »Big Bang« durch den Kakao gezogen. Schlicht »scheußlich« fand auch Albert Einstein zunächst die revolutionäre Idee des unbekannten Priesters aus Leuven: Das Universum sei vor bald 14 Milliarden Jahren im Bruchteil einer Sekunde aus einem »Uratom« entstanden, davon war Lemaître überzeugt. Längst ist belegt, dass er Recht hatte.
»Es ist die wundervollste und befriedigendste Erklärung der Entstehung der Welt, die ich je gehört habe«, so gestand auch Einstein später ein und applaudierte dem Kollegen. Der Beginn einer Wissenschaftsrevolution. Rund um den gläubigen Mann und wegweisenden Physiker George Lemaître startet Leuven im Herbst ein großes Stadtfestival, das Wissenschaft und Kunst aller Sparten ganz nahe zusammenbringt und zeigen will, wie inspirierend Lemaîtres bahnbrechende Entdeckung bis heute wirkt.
Los geht es mit einem feierlichen Eröffnungswochenende – in der jüngst gründlich sanierten Park-Abtei erwarten die Besucher*innen vom 15. bis zum 17. Oktober Lichtinstallationen, Klanglandschaften und noch viel mehr. Auf dem Festival-Programm stehen dann vier größere Ausstellungen. Das M Leuven blickt weit zurück in die Geschichte. Die Schau »Imagining the Univers« (22.10. bis 16.1.) geht hier der Frage nach, wie sich die Faszination für den Kosmos in der Bildenden Kunst und Philosophie vergangener Jahrhunderte widerspiegelt. Vom Mittelalter über die frühe Neuzeit bis ins 18. Jahrhundert schweift dabei der Blick. Parallel widmet das Museum Richard Long (Jg. 1945) eine Einzelschau. Der britische Land Art-Pionier ist bekannt für seine temporären Skulpturen aus Holz oder Steinen in der Landschaft. Long beschäftigt sich aber auch seit vielen Jahren mit dem Weltall.
In der Universitätsbibliothek Leuven kombiniert die Ausstellung „The Edge of Time” (22.10. bis 16.1.) moderne und zeitgenössische Kunstwerke mit wissenschaftlichen Objekten. Neben dem Urknall-Erfinder George Lemaître spielen hier auch wegweisende Kollegen eine Rolle: Einstein mit seiner Relativitätstheorie etwa und der Astrophysiker Stephen Hawking.
Andere Töne schlägt ab dem 25. November das Planetarium Music Festival im Dome auf dem Martelarenplein an (bis 5.12.). Unter einer kosmischen Kuppel wird man dort immersive Konzerte, Videos und Performances erleben können – Surround Sound und 360-Grad-Projektionen inklusive.
Auch Vorträge sind angesagt in Leuven. Spannung versprechen etwa die Brüder Bert und Wide Vercnocke: Der eine ist Physiker und Professor an der Uni Leuven, der andere arbeitet als Illustrator. In Wort und Bild wollen sie am 14. Dezember nun gemeinsam die Geräusche des Kosmos und die Wellen der Raumzeit analysieren.
Auf den Boden zurück locken verschiedene geführte Spaziergänge – einer davon geleitet uns auf George Lemaîtres Spuren durch die Stadt (Termine 30.10. bis 15.1.). Vorbei an den Orten, wo die Legende lebte, wirkte und jene Konflikte zwischen Glauben und Wissenschaft mit sich austrug. Am Ende, so versprechen die Organisatoren, werde man Leuven und alle Sterne am Himmel mit neuen Augen sehen.
Das ganze Programm gibt es unter: https://www.knalfestival.be