Leere Laufstege, geschlossene Geschäfte, unverkaufte Kollektionen – die Corona-Krise hat auch die Modeszene lahmgelegt. Und jetzt, da der Betrieb langsam wieder anläuft, scheint eines klarer als je zuvor: Es muss sich dringend etwas ändern. In Antwerpen wird der nötige Neuanfang nun zum Motor. Anlässlich der Wiedereröffnung seines gründlich renovierten und erweiterten ModeMuseums startet die Stadt unter dem Motto „Mode 2.021. Mode/Bewusst“ in den Herbst. Ausstellungen, Outdoor-Projekte, Stadtrundgänge tauchen ein in die lebendige Modeszene vor Ort, sie schauen zurück in die Geschichte und auch nach vorn, in die Zukunft der Branche.

In der Ausstellung „E/MOTION. Fashion in Transition“ etwa blickt das Museum bis 23. Januar zurück auf die letzten drei Jahrzehnte, um zu zeigen, wie sich soziale, politische oder psychologische Veränderungen auch in der Mode dieser Zeit widerspiegeln. Wie Mode genau das enthüllt, was gerade in der Gesellschaft vor sich geht. Wirtschaftskrisen, Migration, Terror, Identitätsfragen… – all das findet im Outfit deutlich seinen Niederschlag. Doch soll es nicht beim Rückblick bleiben. Die Schau will auch zum Nachdenken anregen, wie die Mode als Industrie sich neu erfinden kann und welche Rolle Designer und Künstler dabei in Zukunft spielen mögen.
Im erweiterten MoMu stehen nun 800 Quadratmeter Fläche zusätzlich für die ständige Sammlung zur Verfügung. Die Wiedereröffnungs-Ausstellung nutzt den Raum, um mit Stücken aus dem hauseigenen Fundus die Geschichte, Entstehung und Entwicklung belgischer und internationaler Avantgardemode zu belegen. Dazu werden nicht nur Kleidung und Accessoires, sondern auch Archivbilder und Einladungen zu Modeshows versammelt.
Das Geheimnis der Spitze
Mit der Schau »P.LACE.S« führt der Weg dann vom 25. September 2021 bis 2. Januar 2022 hinaus aus dem Museum in die Stadt. An fünf unterschiedlichen Orten gilt es »Das Geheimnis der Antwerpener Spitze« zu ergründen. Immerhin spielte Antwerpen von der Mitte des 16. Jahrhunderts bis ins 18. Jahrhundert hinein bei der Herstellung und auch beim Handel eine Hauptrolle. Die reiche Historie soll dabei in einen Dialog treten mit zeitgenössischen, oft hochtechnologischen Modekreationen.
Außerdem ist bis 29. November eine Horde bunter »Fashion Balls« in der Stadt unterwegs. Man kann sich in die Kugeln hineinsetzen oder davorstellen und Selfies schießen. Auch haben Studierende der Modeakademie eigens Outfits entworfen, in denen die Bälle als Filmstars aufgetreten sind. Das Ergebnis ist per QR-Code vor Ort jederzeit abrufbar. Mit diesem Mitmach-Projekt bringe man das Talent der Student*innen buchstäblich auf die Straße, bemerkt MoMu-Direktorin Kaat Debo. »Wir wollten ein verspieltes und positives Projekt zeigen, das ein Gefühl von Freiheit vermittelt und die Passanten zum Mitmachen einlädt.«
Neben dem offiziellen Programm wartet noch eine Reihe zusätzliche Angebote – so wurde etwa ein eigener Stadtplan entworfen, der zu 26 Second-Hand-Läden führt. Auch spezielle Stadtrundgänge führen durch Antwerpen. Beim Bummeln kann man da viel lernen über die Prinzipien nachhaltiger Mode. Und vielleicht die ein oder andere Idee sammeln, wie der Betrieb nach einem Reset wieder in Schwung kommen kann.