TEXT STEFANIE STADEL
Breite Nase, voller Mund, das kantige Kinn nach vorn geschoben. So blieb Otto Freundlichs »Großer Kopf« im Gedächtnis. Ungünstig abgelichtet, setzten die Nazis die monumentale Skulptur von 1912 aufs Begleitheft zur Feme-Ausstellung »Entartete Kunst« und verschafften Freundlich damit eine traurige wie dauerhafte Berühmtheit. In Köln begegnet man diesem Kopf nun wieder – gleich im ersten Raum der Retrospektive ist er zu sehen. Allerdings nur im Großfoto, denn die Plastik selbst ist verschollen, wie so vieles aus dem Schaffen des 1878 im pommerschen Stolp geborenen Künstlers.
Beschlagnahmt, verloren, zerstört – die Nazis haben dem Werk schwer zugesetzt. Auch Freundlich selbst überlebte die NS-Zeit nicht: Als Jude, avantgardistischer Künstler und Verfechter kommunistischer Ideen verkörperte er ab 1933 das Feindbild schlechthin. Im französischen Exil verhaftet, wurde Freundlich 1943 wahrscheinlich in der Gaskammer des Vernichtungslagers Majdanek ermordet.
In der Schau soll man sich freuen, an dem, was von ihm blieb. Rund 80 von Freundlichs Arbeiten – Gemälde, Gouachen, Zeichnungen, Plastiken, auch angewandte Arbeiten – lässt sie strahlen. Die »Geburt des Menschen« zum Beispiel. Im Kölner Opernhaus, wo das monumentale Mosaik seit 1957 installiert ist, wird es oft übersehen. Im Museum Ludwig kommt man nicht vorbei an dem leuchtenden Farbstrudel, in dessen Mitte
jener neue Mensch steht – leicht gebeugt wie ein Arbeiter und mit Muskeln bepackt wie ein antiker Gott. Freundlich entwarf das Mosaik 1919 für den Tabakhändler Josef Feinhals und bringt darin einmal mehr einen Optimismus an die Wand, der das Werk durchglüht, dem düsteren Schicksal zum Trotz (…)
Den vollständigen Text lesen Sie in der gedruckten Ausgabe von k.west
MUSEUM LUDWIG, KÖLN
BIS 14. MAI 2017
TEL.: 0221/22126165