Sie reden übers Wetter, ob Regen gefallen sein könnte oder morgen vielleicht fallen würde. Der Mann meint nein, die Frau eher ja. Am Ende wird’s doch regnen. Mit dem Nieseln enden dann auch in den Bochumer Kammerspielen die Short Stories, die Sabine Harbeke nach Erzählungen von Raymond Carver geschrieben hat und die Jorinde Dröse erstaufführt. Die Frau hatte recht, auch mit dem anderen, das während der ganzen Zeit hinter den Dialogen versteckt anwesend und erahnbar war. Dass es nicht geht zwischen ihnen, nicht mehr, nicht mal mehr für einen Sommer. Robert und Mary haben es sich zwar so gedacht, aber weil es für sie einen David und für ihn eine Susan gegeben hatte, irgendwann, oder sogar immer noch gibt, wer weiß das schon, findet ihre Liebe keinen Atem mehr. Sommerhaus, zu spät. Wie in all den Fetzen, die wie aus dem Lebensbuch herausgerissen scheinen und nur noch lose Blätter bilden.
Die Szenen aus dem beschädigten Leben – Reste von Drama – sind hier weich ineinander geschnitten, so dass man meint, die Personen der einen und die der nächsten Situation gehörten womöglich irgendwie zusammen. Das wäre dann eine neue, anders traurige Geschichte. Vier Episoden sind derart collagiert und montiert, Begegnungen zu zweit, zu viert, ein Monolog. Momente in einem Zwischenraum still stehender Gegenwart, in die sich Vergangenheit schleicht und Zukunft verhindert. Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden: Davon erzählt Carvers Literatur, genau, wissend, untröstlich, ohne Sentimentalität (dieser Empfindung, die »man sozusagen unter dem Einkaufspreis erstanden hat«, wie Schnitzler schreibt). Nie legt Carver auch nur ein Gramm zuviel an Gewicht auf die Gefühlswaage. Die die offene Form bewahrende und sich doch beklemmend verdichtende Inszenierung auf ebenfalls offener Bungalow-Bühne und ihre sechs freizeitmäßig gekleideten (nicht gleich guten) Schauspieler Martin Rentzsch und Hanna Scheibe, Louisa Stroux und Mark Oliver Bögel, Agnes Riegl und Janko Kahle, die sich mit einer kleiner Murakami-Erzählung warm sprechen, arbeiten mit einfachen, präzisen physischen und psychologischen Mitteln. Einem nervösen Aneinander-Schlagen der Hacken, exaltiertem Lachen, einer flüchtigen Geste, den Lockerungen durch zu viel Gin Tonic. Aus der Musicbox klingt »The Look of Love«. Und wir sind getroffen vom entmythologisierten Medusen- Blick. AWI