Auf dem Coverfoto seiner ersten CD mit Klaviersonaten von Mozart schaut er hinter einer Schubert-Brille noch verschmitzt hervor. Das war 2010. Sechs Jahre und viele Schallplattenpreise später brachte Kristian Bezuidenhout die auf neun Folgen angelegte Gesamteinspielung aller Mozart-Sonaten zum Abschluss. Wie bereits bei einigen vorausgegangenen CDs konnte man den Ausnahmepianisten erneut lediglich an seinem Spiel wiedererkennen. Denn das markante Brillengestell hatte er für die Fotosession abgelegt; und nach einer Radikalkur, bei der er an die 50 Kilo abgespeckt hat, ist aus ihm ein schlanker, smart strahlender Mann geworden.
Der frische Look passt besser zu einem Musiker, der die Aufführungspraxis auf historischen Tasteninstrumenten klar modernisiert hat. Bezuidenhouts Spezialität ist das Hammerklavier. Obwohl es prominente Könner wie Andreas Staier, Ronald Brautigam und Jos van Immerseel gibt, die dem Vorläufer des heutigen Flügels zum überfällig neuen Image verhalfen, hat niemand ihn so radikal belebt wie Bezuidenhout. Holprig, hölzern, klimperig im Diskant, etwas tollpatschig bärbrummend im Bass – dieses Klangbild hatte man bisher reflexartig parat, wenn es um die Tasten-Antiquität ging.
Setzt sich aber Bezuidenhout an ein Hammerklavier, wie etwa aus der Wiener Werkstatt Walter, die schon Mozart und Beethoven beliefert hat, versteht man nur zu gut, warum er solch ein Instrument einem hochglanzpolierten Luxusflügel vorziehen würde. Unter den Händen des in Südafrika geborenen, in Australien aufgewachsenen, in den USA ausgebildeten Pianisten präsentiert sich die von ihm gespielte Kopie eines Walter-Modells anno 1795 nicht einfach nur farbenprächtig. Mächtig impulsiv, stürmisch und hochdramatisch geht es bei ihm zu Sache. Zwischendurch bringt Bezuidenhout die Saiten verlockend und serenadenhaft schön, aber nie geglättet zum Schwingen, was gerade der von ihm geliebten Musik Mozarts packende Momente beschert.
Wer sich so unüberhörbar eins mit seinem Instrument und seinen Komponisten-Göttern fühlt, ist zu Recht ein Star der Originalklang-Szene. Der vom Mozart- und Hammerklavier-Guru Malcolm Bilson ausgebildete Bezuidenhout arbeitet unter anderem mit dem Freiburger Barockorchester und Dirigenten wie Philippe Herreweghe zusammen; der Kammermusiker tut sich mit Geigern wie Daniel Hope und Isabelle Faust zusammen.
Mit zwei Streichern, die sich vorrangig dem Spiel auf alten Instrumenten verschreiben, gibt der in London heimisch gewordene Bezuidenhout das Abschlusskonzert seiner dreitägigen Residence beim Brühler Haydn-Festival. Mit dem japanischen Geiger Shunske Sato und dem englischen Cellisten Jonathan Cohen huldigt er mit vier Klaviertrios dem Wiener Klassik-Triumvirat Haydn / Mozart / Beethoven. Zuvor kommt es zur Wiederbegegnung mit dem dirigierenden Festspielleiter Andreas Spering und der Capella Augustina. Schon 2012 sorgten sie gemeinsam für Mozart-Wonnen: Mit dem Klavierkonzert Nr. 17 C-Dur KV 453. 2017 steht das große B-Dur-Konzert KV 595 auf dem Programm. Zwischendurch gibt der 38-jährige Artist in Residence ein Solo-Recital, bei dem neben Haydn und Carl Philipp Emanuel Bach ein weiterer Komponistenname nicht fehlen darf …
18. bis 20. August, Schloss Augustusburg, Brühl: Kristian Bezuidenhout, Capella Augustina, Andreas Spering, Shunske Sato, Jonathan Cohen – Werke von Mozart, Haydn u.a.; www.haydn-festival.de