TEXT: ANDREAS WILINK
Musste man sie denn je wiederentdecken? Charlotte Rampling ist seit den sechziger Jahren ein Star, als der Twen, der zuvor als Fotomodell gearbeitet hatte, vom britischen Kino erste Rollen erhielt. In den Siebzigern besetzten sie Visconti (»Die Verdammten«), Liliana Cavani (»Nachtportier«) und Patrice Chéreau für den Autorenfilm und machten auch schon mal Skandal; in den Achtzigern rief nicht nur Woody Allen (»Stardust Memories«), sondern mit Sidney Lumet und Alan Parker auch Hollywood; und im Jahrzehnt seit 2000 wurde sie u.a. in drei Filmen eine Art Muse für François Ozon. Charlotte Rampling, schön, souverän und glamourös, hat zugleich die Aura des Antistars. Kein Kunstgeschöpf, das sich zu Markte trägt, sondern eine Frau, der ihr Leben ins Gesicht geschrieben steht. Von eigenwilliger Präsenz (»It just happens«, wie sie sagt), gehört sie zur Schwesternschaft der Bette Davis, Simone Signoret, Romy Schneider, Lauren Bacall, Gena Rowlands.
Die deutsche Autorin und Regisseurin Angelina Maccarone nähert sich Rampling in neun Kapiteln, indem sie sie mit Dialogpartnern zusammenbringt – Freunden, Fotografen, Künstlern, Schriftstellern in Paris, London, New York. Ob das eine gute Idee war? Ob es überhaupt klug war, ihr weithin das Wort zu überlassen, regelmäßig unterbrochen für Ausschnitte ihrer Filme? Es geht um den Beruf Schauspielerin, also um Aussehen, Begehren, um die Angst, den Trieb, die Tricks vor der Kamera – aber auch um Absolutes: Liebe, Tod, Alter, Tabus. Oha! Aber schon die Szenerien kommen nicht übers Klischee hinaus: das etwas verlotterte Studio für die Session mit Peter Lindbergh; weißes Styling bei der privaten Talkshow mit Juergen Teller; die Kombüse im abgefahrenen Hausboot von Paul Auster, der nur Banales über die Magie junger Frauen für Männer auf der Leinwand von sich gibt; ein Wellness-Center oder die Nacht auf den Straßen der Städte, schweifend mit der Kamera in der Hand als Asphalt Cowgirl. Und dann singt sie auch noch in Broken German Friedrich Holländers Chanson »Wenn ich mir was wünschen dürfte, käm ich in Verlegenheit«.
In der prätentiösen Dramaturgie, die nur gestellt und ausgestellt wirkt, steigen selbst originellere Gedanken nicht zu Höhenflügen auf, sondern bleiben im Banalen hängen. Ein guter Satz wie »Es ist besser, ein Monster zu sein«, als Schutzmaske vor Zugriffen und Zumutungen, bleibt da Rarität. Charlotte Rampling wäre ein inspirierteres und inspirierenderes Porträt zu wünschen gewesen. Warten wir also auf ihren nächsten Film: in einer anderen Rolle als jener der Selbstdarstellerin.
»The Look – Charlotte Rampling«; Regie: Angelina Maccarone; Deutschland/Frankreich 2011; 90 Min.; Start: 20. Okt. 2011.