TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
Eine Computer-Maus war das noch nicht, was der Computertechniker Douglas C. Engelbart 1969 der Öffentlichkeit präsentierte. Sein »X-Y Positionsindikator für ein Bildschirmsystem« war ein Prototyp und sah auch so aus. Ein rustikal-abgeschabtes Holzkästchen, dessen Ursprung man eher in einem Hobbykeller als in einem Entwicklungslabor vermutete. Auf seiner Oberseite befand sich ein roter Plastik-Drehknopf, ein langes Kabel verband das Stück Holz mit einem Computer, und wenn an der Unterseite des Geräts nicht zwei Räder herausgeragt hätten, wäre das ganze als etwas verunglückter Steuer-Trafo für eine Modelleisenbahn durchgegangen.
Die Besucher dieser ersten Präsentation waren anfangs wahrscheinlich nur mäßig begeistert – bis Engelbart seine Hand auf diesen Kasten legte und begann, ihn auf dem Tisch zu bewegen, während auf dem Computerbildschirm ein schwarzer Punkt auftauchte, der synchron der menschlichen Hand folgte. Engelbart hatte in diesem Moment die Technikgeschichte geschrieben. Es brauchte aber noch mehr als ein Jahrzehnt, bis die Maus ihren Weg auf die Schreibtische fand – 1981 wurde sie mit dem Computersystem »Xerox Alto« erstmals ausgeliefert, damals noch mit drei Tasten.
DIE MAUS BLIEB ERST MAL GRAU
Schleichend revolutionierte sie die Art der Computersteuerung. Flimmerten in den 80er Jahren noch grünlich-monochrome Programmierzeilen über die Monitore, in denen man umständlich einfachste Befehle eingeben musste, wurde das Navigieren mit der Maus auf den Desktops der ersten Home-Computer richtig lässig – egal, ob man sich nun für den Apfel oder die Fenster entschieden hatte.
Von der Formensprache her blieb das Steuerungsgerät mit den zwei Tasten lange eine graue Maus – passend zu den vorherrschenden Farbtönen der damaligen Computer. Die Evolution war indes nicht aufzuhalten; schnell wuchs der Maus ein Scrollrad, mit dem man noch schneller durch die Dokumente flitzen konnte. Aus den Rädern des Prototyps wurde eine schwere Kugel, die die Position auf der Arbeitsplatte an den Computer weitergab und zudem als hervorragender Staubfänger fungierte. Mit schöner Regelmäßigkeit fing der Mauszeiger an zu holpern – ein sicheres Zeichen, um die Kugel herauszunehmen und mit einer Pinzette kleine Staubwürmer aus dem Inneren zu operieren. Aber auch das gehört der Vergangenheit an, längst bevölkern kabellose, optische Funkmäuse die Arbeitswelt.
IRGENDWANN GEHT ES DER MAUS AN DEN KRAGEN
Es gab immer wieder Versuche, die Maus ergonomisch zu optimieren; Ergebnis waren oft organisch gerundete Plastikungetüme, die von metallicfarbenen Trackballs zur Navigation geschmückt waren – der aerodynamische Designer und große Weichmacher Luigi Colani hat bestimmt seine Freude daran gehabt. Apple hingegen ging 1998 kurzzeitig den umgekehrten Weg. Die Maus, die dem quietschbunten »iMac G3« beilag, war klein und rund, was zu einer unbequemen Krallen-Haltung der Finger führte.
Die Maus, wie wir sie kennen, wird bald überholt sein. »Aus die Maus!« heißt es spätestens dann, wenn die Gesten- und Sprachsteuerung zum Standard wird. Wie das aussehen könnte, wenn man die Maus als antikes Stück Technologie begreift, zeigt Chefingenieur »Scotty« in »Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart«. Während einer Zeitreise zurück ins Jahr 1986, soll dieser einen der »Apple Macintosh«-Kästen bedienen und spricht ihn gewohnheitsbedingt und energisch mit »Computer!« an. Als das Gerät nicht reagiert, weist man ihn auf die Maus hin, die er daraufhin wie ein Mikrofon vor den Mund hält und den Sprachbefehl vergeblich wiederholt. Letztlich ist »Scotty« von dem Teil dermaßen genervt, dass er stattdessen zu einem noch älteren Stück Technik greift – zur Tastatur.