TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
Die Reclam-Bände sind immer zu klein und geben der Bücherreihe im Regal die Silhouette eines Gebirgszuges? Die LPs sind zu groß, ragen heraus und stauben immer zuerst voll? Probleme dieser Art sind bekannt: Das Möbel passt selten zum Inhalt. Lösungsvorschlag und alte Bauarbeiterregel: Was nicht passt, wird passend gemacht. Da gibt es die halbherzige Strategie des bekannten schwedischen Möbellieferanten, der in diesem Herbst erstmals eine tiefere Version seines Billy-Regals anbieten will; zudem soll es 12 kg mehr Inhalt aushalten. Grund ist, so das Unternehmen, das veränderte Leseverhalten durch E-Books. Statt für Romane würde das Möbel immer öfter für große und schwere Bildbände und für Aktenordner genutzt.
Eine weitaus elegantere Lösung für die optimale Raumnutzung gibt es bereits seit 2007. Damals entwickelten der Kaufmann Thomas Reichel, der Architekt Malte Ahlert und die Produkt- und Interiordesignerin Minou Farkhondeh in Düsseldorf »Cubit«, ein modulares Regalsystem, dass sich den unterschiedlichen Formaten des künftigen Inhalts anpasst. Die Idee ist einfach: Man bietet schlichte, weiße Kisten in verschiedenen Abmessungen an, die speziell auf die Formate von CDs, Aktenordnern oder Bildbänden abgestimmt sind. Die einzelnen Module lassen sich zu einer Wand aufeinander stapeln, ganz nach dem persönlichen Geschmack des Kunden und entsprechend der jeweiligen Raumsituation. Trotzdem brauchte es ein Jahr bis zur Marktreife, weil die Frage im Raum stand, wie man die einzelnen Module sicher verbinden könnte. Denn: »Einfach nur Kisten ohne Intelligenz herauszubringen, war uns zu hohl«, erinnert sich Thomas Reichel.
Man hat einen Weg gefunden – an der Rückseite der einzelnen Module befindet sich eine umlaufende Fuge oder Nut, mit Verbindungsplatten lassen sich die Module einfach zusammenstecken. Die einzelnen Cubits werden fertig montiert geliefert, das Auftürmen übernimmt der Kunde selbst. Das Sortiment umfasst 21 Formate in acht verschiedenen Tiefen, jeweils geeignet für CDs, Bücher, größere Bücher und Zeitschriften, Schallplatten, Aktenordner und für Bildbände und andere Übergrößen – auch die Reclambände finden in einem passenden Modul endlich ein Zuhause.
Obwohl die Macher selbstbewusst auf ihrer Web-Seite mit Showrooms in Düsseldorf, Hannover, Köln, Zürich, London und Amsterdam werben – reine Marken-Shops sind das nicht. Man teilt sich »guerillamäßig« die Ladenfläche und kooperiert mit bestehenden Geschäften. Dort kann man »Cubit« unter realen Bedingungen erleben, inklusive des charakteristischen Tiefenversprungs, jenen treppenartigen Verschiebungen, die sich beim Stapeln ergeben. Kaufen kann man Cubits nur über das Internet, auf der »Cubit«-Webseite gibt es einen speziellen Regalplaner, mit dem die gewünschten Module virtuell vorgestapelt werden können; was sich ein wenig anfühlt wie Tetris spielen. Erhältlich sind die Module in Weiß und Schwarz, mit der Besonderheit, dass diese erst nach der Montage fugenfrei lackiert werden.
»Cubit« hat schon einige Auszeichnungen eingeheimst, es wurde zum drittbesten Produkt in der Kategorie Inneneinrichtung des Magazins »Detail« gewählt, zudem belegte es den 12. Platz unter den 100 besten deutschen Produkten. Dennoch will man das Regalsystem weiterentwickeln, und denkt über Oberflächen, Türen und Schubladen nach.