Alle fünf Jahre, wenn Concerto Köln sich wieder geburtstäglich rundet bzw. halbrundet, kommt die Pizzeria-Frage auf. Konkrete Antwort, die ein für alle Mal eine kleine Lücke in der Ensemble-Biografie schließen könnte, hat es bis heute nicht gegeben. Immerhin erinnert man sich, dass man irgendwann 1985 bei einem Kölner Italiener beisammen saß und auf die Idee kam, ein Ensemble für Alte Musik zu gründen. Wer dabei auf den Namen »Concerto Köln« kam, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Der Flötist Matthias Sandhoff, Gründungsmitglied und jetzt Künstlerischer Leiter, vermutet, dass er bei dem durchaus musikhistorisch bedeutenden Datum wahrscheinlich seine Lieblingspizza Quattro Stagioni gegessen habe.
Wie schnell sich herumsprechen sollte, dass sich in der als Alte Musik-Hochburg geltenden Domstadt ein äußerst sachkundiges, facettenreich aufgestelltes Ensemble etabliert hatte, lässt sich an den gut dokumentierten ersten Jahren ablesen. Bereits 1987 fand das erste von zahllosen aufsehenerregenden Projekten mit dem belgischen Dirigenten René Jacobs statt. Im folgenden Jahr gab es Einladungen zum Schleswig-Holstein Musik Festival sowie zu Konzerten mit Jacobs’ Landsmann Philippe Herreweghe.
Basisdemokratisches Ensemble
Schon die Anfänge Köln waren eine grandiose Erfolgsgeschichte. Heute gehört das etwa 20-köpfige Ensemble zu den weltweit führenden im Bereich der historischen Aufführungspraxis. Wenngleich einige Mitstreiter der ersten Stunde wie Werner Ehrhardt und Christoph Spering die Dirigentenlaufbahn eingeschlagen haben, setzt sich das Kollektiv weiterhin aus der Urbesetzung zusammen. Das sich basisdemokratisch selbstverwaltende Ensemble hat nichts von seiner Neugier auf Raritäten und von seiner Lust auf besondere Begegnungen eingebüßt. Mit prominenten Instrumentalisten und Sängern wie Andreas Staier, Cecilia Bartoli, Philippe Jaroussky und Andreas Scholl hat es gearbeitet, auch mit dem amerikanischen Jazz-Pianisten Uri Caine. Gemeinsam haben sie Beethovens »Diabelli-Variationen« mit Habanera- und Ragtime-Rhythmen durchzogen. Unbekannte Sinfonien des deutschen Wahl-Franzosen Henri-Joseph Rigel stehen in der rund 70 CDs umfassenden Diskografie neben einem Weltmusikprojekt mit den Musikern von Sarband.
Dass dieser »Bande von Besessenen«, wie René Jacobs »Concerto Köln« bezeichnet hat, nicht der Stoff ausgeht, zeigen die jüngsten Produktionen. Für Bachs Brandenburgische Konzerte, die in Teilen nun live in Bad Berleburg zu hören sind, haben die Musiker eine von der Originalpartitur geforderte Doppelflöte mit zwei Grifflochreihen eigens nachbauen lassen. Gerade ist eine Aufnahme mit reizvollen Concerti grossi des Engländers Charles Avison erschienen.
Atemberaubende Sportlichkeit
Mit dem spanischen Dirigenten Pablo-Heras Casado wurde in auch spieltechnisch atemberaubender Sportlichkeit ein etwas anderes Porträt des legendären Kastraten Farinelli präsentiert. Ausschnitte dieser CD liegen dem Programm »Farinelli in Madrid« zugrunde, mit dem die Kölner Philharmonie denn 30. Geburtstag feiert. Als besonderen Gast hat »Concerto Köln« den deutsch-rumänischen Countertenor Valer Sabadus eingeladen, mit dem man schon triumphal Barockopern interpretierte.
Wer das Ensemble in seinem 31. Jahr in bestechender Höchstform erleben will, macht sich auf nach Amsterdam. Am dortigen Opernhaus bietet es mit den Barocksirenen Sarah Connolly und Sandrine Piau Händels »Ariodante«.
Concerto Köln: 11. Dezember 2015, Evangelische Stadtkirche, Bad Berleburg / Bach, Brandenburgische Konzerte; 20. Dez., Philharmonie Köln / »Farinelli in Madrid« mit Valer Sabadus; 17., 20., 23., 25., 28. Januar 2016, Dutch National Opera Amsterdam / Händels »Ariodante«; www.concerto-koeln.de