Das Phänomen ist allenthalben zu beobachten: Zwischen Karlsruhe und Puerto Rico, zwischen Basel und Miami Beach. Überall machen sich neue Kunstmessen auf den Weg. Gern hängen sie sich ans Schlepptau von großen Kolleginnen. So wird etwa die »Art Basel « inzwischen von vier jungen Nachzüglern begleitet.
Man fragt sich, ob und wie all diese Messen überleben können, und ist verwundert, wenn einige unter ihnen es bei all der Konkurrenz noch schaffen zu wachsen. Die Kölner »art. fair« ist so ein Wunderding. Seit 2003 treue kleine Gefährtin des alten Kölner Kunstmarkts »Art Cologne«, hat sie eine ansehnliche Entwicklung hinter sich. Es beeindruckt allein schon ein Blick auf die Besucherstatistik. Im ersten Jahr kamen 10.000, im zweiten waren es schon 15.000, und 2005 zählte man 21.000 in der rund 100 Jahre alten Industriehalle »Expo XXI«, wo die art.fair auch diesen Herbst wieder über die Bühne geht. Jetzt sollen, so das Ziel der Veranstalter, 25.000 bis 30.000 Gäste schauen und vor allem kaufen, was die gut 70 internationalen Aussteller bieten. Immerhin hatten sich für dieses Jahr über 250 Galerien um eine Teilnahme bei der art. fair beworben. Die Auswahl traf ein Gremium, dessen Größe und Zusammensetzung verschwiegen wird. Große Künstlernamen sind kaum im Angebot der ausgesuchten Teilnehmer. Man konzentriert sich auf junge Künstler mit neuen Arbeiten. Es überwiegen eher erschwingliche Werke für Wand und Regal, deren Schöpfer nicht vor 1960 geboren sein sollten.
Kashya Hildebrand mit Galerien in New York und Zürich präsentiert Skulpturen des Russen Andrei Molodkin, der Acrylkuben mit Erdöl aus Pipelines in Tschechien, Irak oder Iran füllt und für seine Fotoserie »Cold War II« Ölfelder im Norden Russlands bereist. Mit einem dreieinhalb Meter großen Pappstier von Boris Hoppek schmückt die Hamburger Galerie Heliumcowboy ihren Messestand. Die Christopher Cutts Gallery aus Toronto bringt Arbeiten von Richard Stipl aus Tschechien mit. Für die plastischen Akte im Maßstab eins zu vier hat der Künstler selbst Modell gestanden. Und Norbert Frensch füllt mit einer One-Man-Show die Koje der Galerie Schwarz aus Greifswald. Seit über einem Jahrzehnt widmet sich der Maler nun schon immer dem gleichen Motiv: Ein kaum sichtbares Licht, das von einer Metallschale reflektiert wird.
Doch lockt nicht nur die Kunst. Auch das Drumherum dürfte die Besucherzahlen in die Höhe treiben. Walter Gehlen und Andreas Lohaus, Initiatoren und Direktoren der art.fair, schreiben den »Eventcharakter« ganz oben in ihr Messekonzept. Performances, Video- und Klangkunst-Darbietungen sind angekündigt. Man erlebt Lichtkunst am Parkhaus und »akustische Überraschungen« bis auf die Toilette. »DJ Cem«, »DJ Dantes« und »DJ Yonk« stehen auf dem Programm, dazu Party »bis in die frühen Morgenstunden«. Zwischendurch gibt es Drinks an der Bar, Erholung in »Lounge« oder »Loft«.
Lohaus und Gehlen scheinen überzeugt von der Zugkraft ihrer Messe. Sie trauen der art.fair gar zu, dass sie sich künftig auch ohne die Art Cologne an der Seite behaupten kann: Die »Kleine« wird nicht mitziehen, wenn die Kölner Mutter aller Kunstmessen ab 2007 ins Frühjahr wandert. Die art.fair werde am Herbsttermin festhalten, so Lohaus. Für den Frühling haben er und sein Geschäftpartner dann auch ganz anderes im Sinn: »dc-düsseldorf contemporary« heißt das neue Projekt der beiden Messemacher. Hundert auserlesene Galerien sollen auf dieser »progressiven« Veranstaltung mit »hoher Internationalität« zeitgenössische Kunst von 1980 bis heute bieten. Die Eröffnung ist für den 19. April 2007 angesetzt – einen Tag nach dem Start der Art Cologne. Wer denkt da nicht an die alte Konkurrenz zwischen Köln und Düsseldorf?
Doch bei Gehlen und Lohaus ist nicht die Rede von Rivalitäten. Sie haben viel eher Synergien im Kopf: »Mit der gebündelten Kraft zweier gleichzeitig stattfindender Hauptmessen im Frühjahr verdoppelt sich die Anziehungskraft des Rheinlands«, so ihre optimistische Prognose. //
»art.fair«; »Expo XXI«, Gladbacher Wall 5, Köln. 2. bis 5. November 2006. www.art-fair.de