Doch, das ist sein richtiger Name. Keine Abwandlung von »Brainstorm«, kein Bezug zum Song »Brianstorm« von den Arctic Monkeys, und die windige Wetterfee »Storm« aus den »X-Men«-Filmen gehört auch nicht zur Verwandtschaft. Der Mann heißt tatsächlich Brian Storm, 30 Jahre alt, Schiebermütze auf dem Kopf, Tattoos auf dem Arm, lebt und arbeitet als Illustrator und Designer in Düsseldorf. Sein Stil – hartes Schwarz-Weiß in urbaner Street-Ästhetik; vorhandene Grautöne bilden sich aus Linien und Schraffuren in feiner Strichstärke. Tiefschwarze Flächen treffen auf lichte Weißräume, oft kombiniert Storm dazu selbst gestaltete Schriften irgendwo zwischen Graffiti-Tag und asiatisch-breitem Tuschepinsel.
Seinen Stil entwickelte er bereits während seines Kommunikation-Design-Studiums an der FH Düsseldorf, machte sein Praktikum aber nicht in einer großen Werbeagentur beim Präsentationspappenkleben, sondern beim Streetwear-Label »Mazine« in Mülheim an der Ruhr. Das passte und wies den Weg in die Zukunft – seine Diplomarbeit, das Konzept für ein illustriertes Fanzine, das Popkultur und die Musikgeschichte von 1940-2000 thematisierte, wurde später als eine Art Underground-Kundenmagazin für »Mazine« realisiert. Nach dem Studium folgten dort freie Mitarbeit und der Job als Art-Director; es entstanden Illustrationen und Grafiken für T-Shirts, Badges, Kataloge und Kappen. Heute teilt er sich als freier Illustrator ein Atelier mit anderen Kreativen im Stadtteil Flingern, zeichnet Logos und Artworks, darunter CD-Cover für die Band »Hill Myna« oder Flyer für das DJ-Kollektiv »Tanzt Ihr Affen«.
Man fragt sich, ob Storm beim Arbeiten nicht eine Engelsgeduld aufbringen muss, etwa bei einem der großformatigen Bilder, die für die gemeinsame Ausstellung »Halb voll, fast fertig« mit der Illustratorin Jennifer Daniel entstanden. Auf denen reihen sich Köpfe und Fantasiegestalten eng aneinander, füllen wimmelbildartig das ganze Blatt aus und könnten Storm den Titel »Ali Mitgutsch der Streetart« einbringen. Auf Nachfrage gibt Brian Storm Entwarnung: Das Bild entstand nach und nach: Die einzelnen Köpfe stammen aus seinem Skizzenbuch, wurden von ihm eingescannt und digital zusammengesetzt, dann wieder ausgedruckt, um teilweise analog mit Stiften oder schwarzer Farbe bearbeitet und erneut digitalisiert zu werden. Das Grafiktablett ist für Storm ein normales Arbeitsgerät. In seliger Retro-Romantik ausschließlich mit analogen Werkzeugen zu arbeiten, liegt ihm fern.
Auch seine Illustrationen der Serie »Streetlife«, von denen er in Essen kürzlich eine kleine Auswahl ausgestellt hat, sind digitalen Ursprungs. Für die Ansichten diverser »Off-Places«, wie Storm seine Motive nennt, dienten Fotos als Vorlage, die mehrmals durch den technologischen Fleischwolf gedreht und teilweise zu Siebdrucken wurden. Herausgekommen sind Bilder, deren reduzierte Ästhetik – natürlich wieder im Storm’schen Schwarz-Weiß – an atmosphärische Standbilder in Graphic-Novels erinnern. Die Fassade einer menschenleeren Imbiss-Bude, eine mürrisch-aufgeplusterte Stadttaube oder eine vom Regen derangierte Plakatwand, deren weiße Papierfetzen nichts mehr erzählen. Vielleicht wird daraus tatsächlich irgendwann ein Comic, eine grafisch erzählte Geschichte über die Städte an Ruhr und Rhein. Schön, schäbig und in Dunkelschwarz. (VKB)
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