TEXT: ANDREAS WILINK
Ein irres Gemälde. Auf Goyas »Flug der Hexen« steigen drei Teufelsweiber mit spitzen Hüten in die Lüfte, einen nackten Mann mit sich führend. Am Boden krümmt sich ein weiterer Mensch und hält sich die Ohren zu; ein anderer verhüllt sich mit einem weißen Tuch; ein dummer, geiler Esel lugt seitlich in Bild hinein. Zweimal drei Figuren. Drei Personen – zwei Männer, eine Frau – bilden auch das Zentrum von »Trance«. Eine exquisite Versteigerung in London, Goyas Kunstwerk kommt unter den Hammer; eine Bande überfällt das Auktionshaus und stiftet Chaos; das Bild, das von den Angestellten fix im Tresor gesichert werden soll, verschwindet. Wir erfahren, dass der Auktionator Simon (James McAvoy) mit den Kunsträubern gemeinsam den Coup geplant hatte. Nur, Simon hat durch einen Schlag auf den Kopf sein Gedächtnis verloren. Auch die Folter, die der Boss Frank (Vincent Cassel) an ihm praktiziert, hilft nichts. Wie wäre es mit einer sanfteren Methode – bei einer Hypnose-Spezialistin? Diese, die schöne Elizabeth (Rosario Dawson), beherrscht das Freudianische Vokabular, doziert über Trauma, Verdrängung und Übertragung, und ist ausgebuffter als Simon und Frank, deren Gespielin sie bald sein wird, während tatsächlich sie das Spiel bestimmt. Ihre Angsttherapie macht die Männer kirre und hilft auch ihrer eigenen Gefährdung.
Willkürlich und spekulativ, wie Danny Boyle und seine Autoren mit der Geschichte verfahren und Kollegen wie David Mamet und David Fincher zu überbieten suchen, ist ein Ärgernis. Eine kalkulierte Konstruktion der Tricks und Finten, doppelten Böden und Charaden. Man darf alles, sobald man sich dazu bekannt hat, jede Handlungslogik zu ignorieren bzw. sie später als Fantasie einer der Figuren zu entlarven. Erinnerungsspuren laufen in die Irre, weil sie nur Kopfgeburten waren. Morde, Todesfälle, Sexszenen, Eifersuchtsdramen erweisen sich als Hirngespinst. »Trance« trumpft auch visuell mit einer Überwältigungs-Rhetorik auf und hat den sterilen Chic, wie am Computer einer Werbeagentur entworfen: modisch, rasant, gelackt. Ein Design-Objekt. Zwischendurch gaukelt Boyle uns die Le Corbusier-Kapelle in Longchamps vor, wo geraubte Gemälde von Caravaggio, Cézanne, Modigliani, Van Gogh und Rembrandt hängen sollen – eine weitere Fährte ins Nichts. »Trance« vor Augen, erscheint einem nun auch Boyles schon damals beargwöhnter Welterfolg »Slumdog Millionär« als Berechnung.
»Trance«; Regie: Danny Boyle; Darsteller: James McAvoy, Vincent Cassel, Rosario Dawson; GB 2013; 101 Min.; Start: 8. August 2013.