Beat Wismer, Leiter des Aargauer Kunsthauses im schweizerischen Aarau, ist zum Nachfolger von Jean Hubert Martin bestimmt worden. Der 53-Jährige übernimmt am 1. März 2007 das Düsseldorfer museum kunst palast. Im Kunsthaus Aargau hat er – nach Stationen in Basel, Luzern und Zürich – zwei Jahrzehnte erfolgreich gearbeitet; zu seinen Ausstellungen gehörten »Equilibre – Gleichgewicht, Äquivalenz und Harmonie in der Kunst des 20. Jahrhunderts« (1985), »zornig und zärtlich – Ein Blick auf die Kunst der achtziger Jahre« (2002) und »Wolkenbilder. Von William Turner bis Gerhard Richter« (2005). Helga Meister sprach mit dem designierten Generaldirektor.
K.WEST: Wie ist Ihr Verhältnis zur Event-Kultur? Das Großereignis spielt eine immer größere Rolle, zumal, wenn private Geldgeber sich engagieren. Das museum kunst palast wird als Public Private Partnerschaft geführt.
WISMER: Ich erbe die Partnerschaft mit Eon, aber nicht die Probleme. Mich hat überrascht, dass man mich genommen hat, weil ich doch eine ziemlich rigide Haltung gegen die Event-Kultur habe. Ich wehre mich nicht gegen hohe Besucher-Zahlen, aber ich möchte mit einem Museum nicht nur wichtiger Faktor für das Standort-Marketing sein. Vielleicht bin ich da noch ein bisschen Romantiker, mir geht es bei einem Museum in erster Linie um die Kunst und nicht um den möglichst effizienten Verkauf der Kunst. Ich hatte das Glück, mit meinen anspruchsvollsten Projekten die höchsten Besucherzahlen zu haben.Der Begriff Erlebnis ist mir wichtiger als der des Events.
K.WEST: Wurden Ihnen Einschränkungen auferlegt, mussten Sie keine Bedingungen eingehen?
WISMER: Nein, musste ich nicht. Ich muss sporadisch sehr erfolgreiche Projekte machen, aber es gibt keine Vorgaben in Bezug auf die Besucherzahlen. Ich bin mir natürlich bewusst, dass man zwischendurch Ereignisse wie die jetzt aktuelle Caravaggio-Ausstellung ausnehmend schätzen würde. Den Begriff Blockbuster mag ich nicht. Aber wenn so etwas nicht auf Kosten der Qualität zu erreichen ist, erfreut mich das ungemein.
K.WEST: Kann man sagen, dass Sie im Vergleich zu Ihrem Vorgänger Martin ein traditionelleres, eher eurozentrisches Kunst-Verständnis pflegen?
WISMER: Zugegeben, ich verstehe relativ wenig von afrikanischer Kunst, insofern werde ich die Tradition Martins nicht weiterführen. Aber da Düsseldorf gewissermaßen auch eine große japanische Stadt ist, möchte ich die zeitgenössische japanische Kunst zeigen.
K.WEST: Es heißt, Sie hätten in Aarau die beste moderne Sammlung in der Schweiz…
WISMER: … die beste Sammlung an Schweizer Kunst. Mein Ziel war immer, eine Art Whitney-Museum in der Schweiz zu schaffen.
K.WEST: Bei Ihrer Vorstellung in Düsseldorf sagten Sie, dem künftigen Besucher im Ehrenhof soll die Entscheidung schwer gemacht werden, ob er links oder rechts ins Haus gehen solle. Meint diese Richtungswahl, dass Sie beabsichtigen, die Schwerpunkte gleichgewichtig zwischen dem musealen Bereich und dem Ausstellungsbetrieb zu verteilen. Sie haben da offensichtlich einiges vor?
WISMER: Ich möchte das Museum und seinen Bestand selbst so attraktiv haben wie die Wechselausstellungen. Wir müssen die Besucher auch in die Obergeschosse bringen, das ist nicht so einfach. Vielleicht müssen wir den Rundgang etwas logischer gestalten. Wenn ich etwa in der Kricke-Ausstellung bin, weiß nur ich, dass man von dort auch in die Sammlung kommen kann. Da muss man den Gästen Hilfen anbieten. Die Sammlung läuft derzeit etwas unter ihrem Wert.
K.WEST: Sind Sie ein Teamworker? Kaum hatte Düsseldorfs Oberbürgermeister Erwin Ihren Namen bekannt gegeben, haben Sie einen Gesprächskreis gebildet und Ihre künftigen Mitarbeiter einbezogen.
WISMER: Ich komme aus einem kleinen Haus, vor 20 Jahren noch ein Familienbetrieb, aber jetzt ein veritables kleines und mittleres Unternehmen. Nach meinem entscheidenden Gespräch mit der Findungskommission hieß es, man hätte sich gefreut, dass ich über meine Arbeit in Aarau in der Wir-Form gesprochen habe. Da ist wohl was dran.
K.WEST: Was halten Sie denn von der Idee des Künstler-Museums, also einer subjektiv assoziativen Hängung? Es schuf ja einiges an Konfliktstoff, dass zwei Künstler als Kuratoren ausgesucht worden waren, darunter Ihr Freund Thomas Huber, und für die Neu-Präsentation die kunsthistorische Mannschaft sozusagen entmachtet hat.
WISMER: Die Idee finde ich gut, das Vorgehen war vielleicht nicht ideal eingefädelt. Ich plane eine Art Ehrengast für unser Museum. Vielleicht wären die beiden Rubens-Gemälde des Hauses glücklich, in Kontakt zu anderen Rubens-Bildern zu treten, wenn man ihnen also für eine gewisse Zeit Freunde zur Seite stellte. Das Salongespräch zwischen den Kunstwerken finde ich ganz wichtig. Ich werde die Sammlung nicht jahrelang unverändert lassen.
K.WEST: Wo liegen, nach Ihrer Kenntnis des Düsseldorfer Hauses, seine Probleme, wo seine Defizite?
WISMER: Ich bin mir bewusst, eines meiner Meinung nach der schönsten Museen zu verlassen. Es ist einfach, in guten Räumen zu arbeiten. In den Räumen des Kunstpalastes ist es nicht so einfach. In Aarau braucht man keinen Ausstellungsarchitekten, in Düsseldorf schon. Der Ehrenhof bietet eine schöne Situation, aber man tut sich schwer, hin zu gehen. Wenn man ein attraktives Restaurant hätte und im Sommer den Außenraum nützen könnte, würde auch das Museum profitieren. Der Neubau von Ungers hat einige Probleme durch seine abweisende Architektur geschaffen. Ich freue mich deshalb sehr, dass meine Freunde Steiner und Lenzlinger aus Basel dem Eingangsbereich zum Kunstpalast die Härte genommen und ihm durch eine filigrane Raum-Komposition etwas Poesie, Leichtigkeit und Charme gegeben haben.
K.WEST: Ihnen wird ein ideales Verhältnis zu Künstlern nachgesagt. Wen kennen Sie aus Düsseldorf?
WISMER: Persönlich kenne ich gar nicht so viele Künstler, Graubner etwa, die Leute vom Höherweg; ich habe ein bisschen Kontakt zur jüngeren Szene; ich kenne den Malkasten. Ich wünsche mir, dass die Zeit es mir erlauben wird, viele Atelierbesuche zu machen und intensive direkte Kontakte zu den Künstlern zu haben. Sie kennen ja den Witz: Früher bekamen wir unseren Leberschaden von den Atelierbesuchen, heute haben wir ihn von den Sponsoren-Cocktails.