TEXT: ANDREJ KLAHN
Christoph Peters hat auf der Landkarte der Imagination weite Wege zurückgelegt und dabei mit federnder Leichtigkeit immer wieder auch kulturelle Grenzgänge in Szene gesetzt. Die Reise begann 1999 in seinem Debüt »Stadt Land Fluß« am Niederrhein, sie führte im Liebes-Kriminalroman »Das Tuch aus Nacht« nach Istanbul, im »Haus des Krieges« in die sengend heiße ägyptische Wüste, um dann mit »Mitsukos Restaurant« in Japan Station zu machen, das der 1966 in Kalkar Geborene geschmackssicher in seine niederrheinische Heimat verlegte. Mehr noch aber als für horizontale Bewegungen interessiert Peters sich für die Vertikale, für die mal wundersamen, dann wieder gefährlichen Erscheinungsformen postmoderner Sinnsuche. In vielen der 13 Geschichten seines neuen Erzählbandes »Sven Hofestedt sucht Geld für Erleuchtung«, der schon im Titel Geld und Geist zusammenbringt, beschäftigt sich Peters einmal mehr mit jenen Momenten, in denen der Alltag plötzlich still steht und das menschliche Maß sich als zu klein zu erkennen gibt. Und meist bleibt unentscheidbar, ob sich da eine Tür wer weiß wohin öffnet, oder ob es sich, wie in der Erzählung »Rissige Welten«, nicht doch einfach nur um einen Sturz aus dem Fenster handelt. Schließlich ist das Blaulicht ja auch eine Erleuchtung.
Einmal mehr versteht Peters es geradezu altmeisterlich, seine Figuren psychologisch scharf zu stellen, ohne sie vollends zu konturieren. Unspektakulär sind die Anlässe, mit denen Peters Geschichten ins Außergewöhnliche abheben: Da kauft sich einer einen alten Teekessel und wird von nächtlichen Alpträumen heimgesucht, einem anderen fehlt eine Perle am Tesbih, der islamischen Gebetskette, die ihm von einem Geistlichen überreicht worden ist. Die Gedanken drehen sich im Kreis, ihm schwindelt, bis der Taumel am Ende doch in Heiterkeit übergeht, die aus der Akzeptanz der Unvollkommenheit zu resultieren scheint. Man denkt nichts so, wie es ist. Und am Ende ist vielleicht doch das Sosein im Hier und Jetzt das ganze Geheimnis in diesem tiefsinnig komischen Buch.
Christoph Peters: »Sven Hofestedt sucht Geld für Erleuchtung«. Luchterhand Verlag, München 2010, 221 Seiten, 18,99 Euro