Text Andreas Wilink
Als Audrey Hepburn von Gregory Peck an das antike steinerne Lügenmaul geführt wird, um ihre Hand in das finstere Loch hineinzuschieben, ist sie nervös. Der Legende nach wird demjenigen die Hand abgebissen, der die Unwahrheit sagt. Beide, die Prinzessin und der Reporter, haben dem anderen etwas vorgemacht, doch es geht gut aus für das Paar. »A Roman Holiday« hat Dalton Trumbo geschrieben – unter dem Namen eines Kollegen. Der bringt ihm 1953 nach der Verleihung den gewonnenen Oscar für die Romanze. Trumbo verstand etwas von Lügen in den Zeiten des Kalten Kriegs.
Am liebsten beschäftigt sich Hollywood mit sich selbst. Und es versteht sich auf die Lüge, so oder so. Es gab eine Zeit, als das Wahrheitsspiel einem Exorzismus-Ritual glich. Dalton Trumbo war einer der berüchtigten »Hollywood Ten«. Zuvor, in den vierziger Jahren, ein erfolgreicher Skript-Autor für Knüller wie »Fräulein Kitty« mit Ginger Rogers, muss er nun in der aufgeheizten Atmosphäre der Kommunisten-Verfolgung durch Senator McCarthy um seine Karriere und Existenz fürchten – und um seine Freiheit, nachdem sich das Stimmengewicht am Supreme Court zu Gunsten der Republikaner verändert hat.
Trumbo – bei Bryan Cranston wortgewandt, überlegen, herablassend und hinreißend snobistisch – beharrt auf seinem eigenen Kopf: »Do the right thing«. Als er sich bei seiner Aussage in Washington unbotmäßig zeigt, wird er zu einer Haftstrafe verurteilt. Eine hysterisierte Öffentlichkeit ist dabei ganz auf Linie der Staatsdoktrin. Für Trumbo sieht das so aus: Nach einem Kino-Besuch wird ihm von einem Besucher ein Becher Kaffee ins Gesicht geschüttet, nachdem man ihn zuvor in der Wochenschau vor dem »Ausschuss für Unamerikanische Umtrieb« hatte sehen können; Nachbarn verdrecken seinen Swimmingpool.
Nach der Haft bekommt der »Verräter« bei MGM keinen Job mehr, steht auf der Schwarzen Liste und verfasst unter einem Pseudonym zunächst wie am Fließband Dutzendware für die toughen King-Brothers im B-Movie-Gewerbe. Das national-konservative Film-Milieu hat Druck gemacht, darunter Reagan, der »Duke« John Wayne und die einflussreiche Kolumnistin Hedda Hopper (Helen Mirren als rabiates Superbiest). Dem entgegen steht auf verlorenem Posten das intellektuelle, liberale, bürgerliche Establishment, »radikal und reich«, wie Trumbo selbstironisch sagt, das gegen den Überwachungsstaat und die Einschränkung der Bürgerrechte protestiert. Dazu gehören Bacall & Bogart und der große Edward G. Robinson, der in einem Palais residiert mit Impressionisten an den Wänden seiner Salons, der verfolgten Künstlern hilft, bis es ihn selbst trifft – und er widerruft wie unter mittelalterlicher Folter.
Jay Roachs Biopic hat Witz, Haltung und gute Dialoge ganz in der Tradition von Trumbo, der 1960 für Stanley Kubrick und Kirk Douglas »Spartacus« schreibt und im Kampf der Sklaven gegen Roms Herrschaft eine treffende Allegorie für seine Zeit findet.
Trumbo«; Regie: Jay Roach; USA 2015; 125 Min.; Start: 10. März 2016.