Ruby (in den Dreißigern) und Joseph (über sechzig) befinden sich im Abseits, im Reservat. Ein Zerfall in 26 Szenen. Was die Künstlernaturen und Außenseiter dennoch zu Menschen der Mitte macht, ist ihr Sturz aus einem schmaler werdenden gesellschaftlichen Zentrum.
»Da kommt nichts mehr. Das war’s«, sagt Joseph. Noch wehren sie sich dagegen, trainieren, halten sich fit für eine Zukunft, die ihnen ahnungsweise nichts mehr bietet. Der einzige Konsum, der wenig kostet, ist der TV-Verzehr. Also teilen sie sich mit über die schöne Fernsehwelt.
Ruby und Joseph monologisieren über Gewalt-, Horror- und Fantasy-Szenen, rezitieren Autowerbung und Tierdokumentationen, referieren wie ein Filmlexikon Kriegs- und Katastrophenfilme, sondern Wissenschaftstheorie ab – Experten dank »Nano« oder »Abenteuer Wissen«. Und sie besuchen als Freizeitbeschäftigung Kaufhäuser, weil sie »dann eins sind mit der Welt«, und mustern akribisch das Warensortiment. Leben second hand.
Im Theater unter Tage-Bunker des Bochumer Schauspielhauses, den Johannes Leiacker als Archiv- und Lagerraum eingerichtet hat, scheint Jan Langenheim aber irgendwie etwas falsch verstanden haben. Anfangs lässt er Katja Uffelmann zwar wie eine Ninja-Kriegerin in Partisanen- Kluft herumtoben, Geschirr zerdeppern und einen planvollen Amoklauf hinlegen, danach aber zelebrieren sie und der soigniert bedächtige Manfred Böll brav die Texte, stellen sie aus und treten sie breit. Müsste das Ganze aber nicht vielmehr als subtiles »German Psycho« ablaufen statt wie ein Vortrag in der VHS zu klingen? Was bei Schimmelpfennig auch ein vom Absurden gespeister Akt des Widerstandes sein könnte, ist hier Klein-Beigeben mit großer theatraler Geste. AWI