TEXT: STEFANIE STADEL
Bevor sich die Sommerruhe über die rheinische Galerienlandschaft legt, lohnt ein Spaziergang durch das Belgische Viertel in Köln. Ohne weite Wege vorbei an drei beachtenswerten Ausstellungen. Die Runde beginnt in der Antwerpener Straße bei Christian Lethert, der mit einer nicht mehr ganz jungen Neuigkeit lockt. Der New Yorker Joe Fyfe ist zwar schon 60, aber zumindest in Deutschland kaum bekannt. Obwohl ihn Wesentliches mit der hiesigen Szene verbindet. Immerhin war es die Begegnung mit Arbeiten von Imi Knoebel und Blinky Palermo, die Fyfe Ende der 80er Jahre weg vom Gegenstand führte.
Seither arbeitet er abstrakt und macht sich dabei allerlei vorgefundenes Material zu Nutze. Gerne Textilien, die er auf Märkten in Drittweltländern findet. Lethert präsentiert den New Yorker in einer ersten Einzelausstellung, ihr Titel »Elecciones« ist gleichzeitig Name einer Werkgruppe, die im Zentrum steht. Sie ist letzten Sommer bei einem Arbeitsaufenthalt auf Mallorca entstanden – auf der Reise hatte Fyfe praktisch sein ganzes Equipment verloren, suchte vor Ort Alternativen und fand unter anderem Spanplatten, die nach einer Wahlveranstaltung an Zäunen hängen geblieben waren. Bei Fyfe werden sie zum Bildträger. Einfache Formen, Flecken, Flächen, in dünnen, doch klaren Wasserfarben aufgebracht, lassen überall die alte Funktion durchblicken.
Abstrakte Malerei und oft ausgefallene Materialien bestimmen auch die Arbeiten von Shila Khatami. Gelochte Sperrholzplatten aus dem Baumarkt etwa. Oder ein kleinteilig ornamentiertes Heizungsgitter, das sie in Paris entdeckt hat und mit klaren geometrischen Formen in Schwarzweiß gliedert. Für ihre neuen Arbeiten, die Khatami jetzt bei Clages in der Brüsseler Straße zeigt, greift die 1976 geborene, in Berlin lebende Künstlerin nach glatten Alu-Platten und bearbeitet sie zum Teil mit einer einfachen Farbrolle – wie beiläufig, aber sehr effektvoll. Silber und Gold, Neonpink und Lackschwarz kommen zum Einsatz und lassen an Zitate aus der Design-Welt denken.
Direkt um die Ecke in der Jülicher Straße bei der Krupic Kersting Galerie hat Claudia Marcela Robles ein fragiles Faltwerk aus vielfach geknicktem Packpapier in der Raumecke installiert. Drum herum warten weitere Wandarbeiten, die sich nicht zuletzt die überraschende Wirkung starker Neonfarben zu Nutze machen. Außerdem eine verschachtelte Konstruktion aus Sperrholz, fast wirkt sie wie ein utopisches Architekturmodell. Hier macht sich am deutlichsten Robles Hintergrund bemerkbar: In ihrer Heimat hatte die Argentinierin ein Architekturstudium abgeschlossen und auch einige Zeit in diesem Beruf gearbeitet, bevor sie zur freien Kunst wechselte – an die Düsseldorfer Akademie, wo die 41-Jährige bis vor kurzem als Meisterschülerin die Bildhauerklasse von Didier Vermeirens besucht hat.
Wenn Robles Ende Juli ihr Packpapier von der Galeriewand abnimmt, verabschiedet sich die alte Saison. Wir sind gespannt auf die nächste.
Galerie Christian Lethert, Köln: Joe Fyfe; bis 28. Juli 2012. Tel.: 0221/3560590. www.christianlethert.com
Clages, Köln: Shila Khatami; bis 14. Juli 2012. Tel.: 0221/99209181. www.mariettaclages.de
Krupic Kersting Galerie, Köln: Claudia Marcela Robles; bis 28. Juli 2012. Tel.: 0221/29882888. www.kukgalerie.de