TEXT: STEFANIE STADEL
Sie musste nicht weit gehen. Nur um die Ecke – auf dem Berliner Mauerstreifen fand Ina Weber neuen Stoff für ihre Skulpturen. »Da entstehen handtuchbreite, aber architektonisch ungeheuer gewollte Reihenhäuser«, sagt sie. »Wahnsinnig individualisiert, weil ja jeder sein eigenes Gärtchen braucht.« Die Bildhauerin variiert das Motiv in massivem Beton. Bei Hammelehle und Ahrens in Köln steht die Häuserzeile neben anderen Miniaturbauten auf dem Fußboden und reicht vielleicht gerade übers Knie.
Immer wieder sind es architektonische Phänomene, urbane Situationen, die Weber aufgreift und aufs Wesentliche herunterbricht. Im Plattenbau, wie er ähnlich am Alexanderplatz stehen könnte. Im schäbigen Wohnklotz, den sie per Titel in »Pankow Randlage« lokalisiert. Auch beim Billig-Discounter, der seinen Platz irgendwo auf der grünen Wiese finden mag. Ganz egal an welchem Ort, denn diese Art Gebäude sieht sowieso überall gleich aus.
Mit ihren Beton-Arbeiten ist die Mittvierzigerin einst bekannt geworden. Den eher ungewöhnlichen Werkstoff benutzt sie schon seit ihrer Zeit an der Akademie in Kassel. »Damals keine besonders gute Uni«, meint sie. Aber offenbar die richtige für Weber. Sie habe das Glück gehabt, dort von Gastprofessor Martin Kippenberger lernen zu können, der ihr eine gewisse Leichtigkeit beim Kunstmachen vermittelte. Auch wurde es an dieser Hochschule gern gesehen, wenn die Studenten fächerübergreifend dachten. Weber saß oft bei den Architekten oder Stadtplanern in Vorlesungen. Sie weckten ihr Interesse an Fragen, die sie in ihrer Kunst bis heute umtreiben.
»Ich gehe viel spazieren – egal, wo ich bin«, sagt sie. Allerdings sieht und fotografiert die Künstlerin auf diesen Streifzügen andere Dinge als der übliche Lustspazierer. Das Schöne, Angenehme, gut Gebaute, hübsch Gestaltete findet nur selten Beachtung. Viel mehr reizt das Stereotype, Gewöhnliche, Hässliche oder Missglückte, das Weber durch Reduzierung und Verdichtung in ein neues Licht rückt.
Recht unmittelbar in den idealtypischen Minigebäuden. Aber auch in den neuen Lampions, die bei Hammelehle und Ahrens als leichte Gegengewichte über den kleinen, doch zentnerschweren Betonwerken leuchten. Diese Basteleien aus Pergamentpapier haben etwas Nettes, Naives, Provisorisches. Die Künstlerin zitiert hier allgegenwärtige Zeichen, Logos, wie sie am Arbeitsamt, über dem Supermarkt, an der Sparkasse leuchten. Symbole, die man schon gar nicht mehr wahrnimmt, weil sie einem so vertraut sind. Im Outfit der klassischen Martinslaterne gewinnen sie hier einen ungewohnten Charakter.
Gleiches gilt für die Baustellencontainer – bei Weber werden sie zu kleinen, hübsch bunten Keramikkisten. Oder die gereihten Dixi-Klos. »Eigentlich ja die schrecklichsten Provisorien der Welt«, wirft Weber ein. Und freut sich über die ornamentalen Qualitäten ihrer niedlichen Mini-Ausgaben in glasierter Keramik.
Galerie Hammelehle und Ahrens, An der Schanz 1a, 50735 Köln. Tel. 0221/287 08 00. www.haah.de/deutsch