Wenn Tänzer mit ihren Knochen und Gelenken in den Raum schreiben, ihr Körper ins Plaudern gerät, ist der gebürtige Brasilianer Rodolpho Leoni am Werk. Nonverbale Kommunikation, kalligraphiert in den leeren Bühnenraum, ist seine Passion. Für das Konzept »Plansprache« erhielt er den Deutschen Produzentenpreis für Choreografie 2005, mit 75 000 Euro die höchstdotierte Auszeichnung für zeitgenössischen Tanz in Deutschland. Damit konnte Leoni seine Forschungsarbeit an der puren, fast emotionslosen Form fortsetzen und seine »komplexe, sinnlich-ästhetische Handschrift«, die die Veranstalter- Jury so beeindruckte, verfeinern. Das Ergebnis trägt den beredten Titel »speak« und gab sich bei der Uraufführung im tanzhaus nrw geschwätzig.
Fünf Tänzerinnen und ein Tänzer liefern sich über 70 Minuten Armund Beingefechte, Blickduelle oder auch Umarmungen. Sein zeitgenössisches Idiom reicherte der 42-Jährige mit Anleihen aus der Gebärdensprache, stilisierten Alltagsgesten, Tanzmelodien einer Twyla Tharp oder dem Minimalismus von Cunningham an. Dabei gefällt der Dialog zwischen Bewegung und der Komposition Philipp Ludwig Stangls – anfangs eine lautmalerische Geräuschcollage, die in ein Jazzarrangement übergeht. Oder der hingetupfte Monolog aus gedrehten Sprüngen von I-Fen Lin. Nur, so ausgetüftelt dieses bewegte Nachrichtensystem auch ist, es signalisiert die Sinnlichkeit einer Telegrafenstation und nach einer Weile auch deren Monotonie. Eine message dringt nicht bis in den Zuschauerraum vor. Problematischer aber ist, dass die schöne Linie früherer Arbeiten, der stets eine innere Dramaturgie und Spannung erwuchs, »speak« gänzlich abgeht. Die Tänzer von »Leoni dance«, ein starkes Ensemble, wirken wie atemlose Quasselstrippen. Und noch dazu viel zu artig.TROUW
Im Februar 2006 im Teo Otto Theater, Remscheid; im Mai im PACT Zollverein, Essen