Die Düsseldorfer Galerien-Szene mögen Außenstehende durchaus etwas verschlafen finden, zumindest gibt sie sich zurückhaltend und in der PR-Arbeit eher provinziell. Der Flyer, zu dem sich die »Initiatorengemeinschaft« (schon dies ein schreckliches Wort) im Laufe ihres 23- jährigen Bestehens durchgerungen hat, ist oft schon nach vier bis sechs Wochen veraltet. Doch im Grunde wäre dies bereits der einzige Negativ-Posten.
Das Klima ist besser als zu Beginn der 90er. Wolfgang Gmyrek, Sprecher der Düsseldorfer Galeristen, führt dies auf den »Elan in der städtischen Kulturpolitik, die vielen neuen Häuser und jungen Museen von Stadt und Land und eine der wichtigsten Kunstakademien der Welt« zurück.
Er findet, dass Düsseldorf mit München die aktivste Szene bildet. Berlin sei zwar internatonaler, aber habe »Null Euro«. Gmyrek weiß, wovon er spricht, er war der erste Geschäftsführer des Artforum, hat aus seiner Galerie heraus das Konzept für die Berliner Kunstmesse geschaffen und es 1997 – ein Jahr nach Gründung – an die Berliner Kollegen abgegeben. Im Dezember feiert er selbst das 25-jährige Galerie-Bestehen mit einer großen internationalen Ausstellung in Übersee. Schon jetzt schaukelt er den »neo expressionismo aleman«, wie er seine Schau in Pamplona nannte, durch die Welt und kämpft für seine ehemals jungen Wilden, zu denen Künstler wie Hödicke, Koberling, Krieg, Peter Chevalier oder Bruce McLean gehören.
Man ist sich der Beständigkeit gewiss, niemand spielt mehr Köln gegen Düsseldorf aus. Und ein Jubiläum folgt dem anderen. Hans Mayer, längst einer der Großen unter Europas Kunsthändlern, bittet zum 40-jährigen Jubiläum nicht an den Grabbeplatz in seine Galerie, sondern auf die Raketenstation Neuss in die Langen Foundation, wo er die Räume des Tadao Ando mit 40 Meisterwerken, die er in seiner Laufbahn an Museen und Privatsammlungen vermittelt hat, souverän bespielt. Einst brachte er die Ware unterm Arm zum Kunden, jetzt reisten Bilder von Basquiat, Lichtenstein oder Kippenberger in Klimakisten und mit Kurier-Begleitung an. Der Mann, der Andy Warhol und Joseph Beuys zusammenbrachte, äußert sich wie Gmyrek: »Düsseldorf hat das große Glück, lauter aufregende Institutionen zu besitzen, Kunstpalast, NRW Forum, K 20 und K 21, Kunsthalle, Kunstverein und jetzt die neue Akademie-Galerie.« Der werbewirksame Fotokünstler Helmut Newton wusste dies sehr wohl, als er kurz vor seinem Tod bei Mayer anfragte, ob er abermals ausstellen dürfe, und ein ganzes Boudoir erotischer Bilder anschleppte.
In zwei Jahren feiert Dorothee Fischer ebenfalls ihren 40. Geburtstag. Die Galerie ihres 1996 verstorbenen Mannes Konrad Fischer führt sie fast lautlos, mit einem wunderbaren Programm aus Tradition und Kommendem. Rückblickend sagt sie: »Am Anfang war es immer nur die Zukunft. Die Alten sind weiterhin supermodern.« Bruce Nauman, im Kunstkompass stets an führender Stelle, vertritt sie europaweit. Die Weltelite blieb ihr auch nach Konrads Tod treu, dazu gehören Minimal Artisten wie Sol LeWitt, Richard Long, Arte Povera-Künstler wie Mario Merz, Konzept-Künstler wie Laurence Wiener, von den »Jüngeren« Thomas Schütte, der jüngst den Goldenen Löwen in Venedig erhielt. Fast jede Ausstellung ist museumsreif, das gilt etwa für Gregor Schneider, der sich seit 1993 bevorzugt an der Platanenstraße aufhält. Als er mit seiner schwarzen Kaaba in Venedig ausgeladen wurde zeigte er Modelle, Fotos, Ideenskizzen und weitere wundersame Originale bei Fischer. Dort spürt man zugleich neue Talente auf, Paloma Varga Weisz zum Beispiel, Biennale- Teilnehmerin und nun in New York zu betrachten.
Sein 20-Jähriges feiert Bugdahn und Kaimer in einem denkmalgeschützten Haus. Udo Bugdahn konzentriert sich auf internationale Gegenwartskunst ab 1960, darunter die schwer zu vermittelnde Konzeptkunst, Minimal Art und fotografische Werke. Angeboten wird ein erstaunliches Programm an exzellenter Kunst von der Pop-Ikone Armleder über den Medien-Star Trockel, von den schmelzenden Fotos der Installationskünstlerin Semmers bis zu handverlesenen Düsseldorfern wie Objektkünstler Paul Schwer oder Schwarzweiß-Fotograf Ingolf Timpner.
Bugdahn selbst ist mit der englischen Künstlerin und Heerich-Schülerin Diana Rattray verheiratet. Immer wieder führen glückliche Konstellationen zu Impulsen. Clara Maria Sels hatte persönliche Kontakte nach Russland, als sie 1989 mit dortigen Künstlern ihre Galerie eröffnete. Den wichtigsten Emigranten, Ilya Kabakov, vertritt sie deutschlandweit. Auf ihre Initiative hin entwickelte er seinen privaten Mythen im »Palast der Projekte« für das Salzlager der Kokerei Zollverein in Essen.
Sels schwärmt von diesem »Menschen-Analytiker, Visionär und Humoristen« und schätzt auch sonst Künstler, die sich nur schwer einordnen lassen. Darunter Panamarenko, der Ingenieur, Poet, Physiker, Erfinder und Visionär, Jan Fabre, der Käfer-Spezialist magisch funkelnder Werke, Duane Michals, der Menschen-Beobachter, Engelsforscher und Mythologe unter den Fotografen, und Natacha Lesueur, die anfangs mit ihren Menschenmasken aus Wurstscheiben für Schmunzeln sorgte.
»Wir haben uns in den letzten zehn Jahren verdoppelt, Köln hat seitdem ein Fünftel seiner Galerien an Berlin verloren «, frohlockt Gmyrek. In der Tat, in den 90ern begann der neuer Aufstieg. 1992 eröffnete die Galerie Conrads, sie führt inzwischen Namen wie Beat Streuli, Stephen Shore oder Katharina Grosse, vertritt exklusiv für Europa Rosemarie Laing aus Sydney und hofft auf junge Talente wie Gabi Ham. Heute sitzt Conrads mit den Galerien Walbröl, Fricke und Leuchter in der alten Bohrerfabrik an der Kronprinzenstraße, unweit vom ehemaligen Ständehaus, der K 21. Ursula Walbröl, die Unangepasste, schätzt kritische Geister wie Dierk Schmidt, schwört auf Zeichner wie Alexander Roob, hält Veteranen wie Bernard Buffet und Nancy Spiro bereit. Ihr Tipp: »Nach den Medienreizen ist die Zeichnung eine ganz einfache, schlichte Sache.
Viele junge Künstler wenden sich dem Reduzierten zu, gegen all die aufgeblasene Ware.« Zu den Paradies-Vögeln gehört Rüdiger Voss, der 1992 mit zehn Quadratmetern Ausstellungsfläche anfing und heute 260 Quadratmeter in nächster Nähe zu Gmyrek und der Akademie an der Mühlengasse bespielt. Er liebt es schräg, realistisch, malerisch. Er jettet zu den Messen nach Brüssel, Bologna, Toronto, Köln und Paris, wo er im nächsten Jahr die Schauen Paris Photo und Fiac bestücken will, ergatterte für Harding Meyer eine Förderkoje in Brüssel, verkaufte Claudia Rogge in Italien kojenweise und platzierte Kate Waters bei Friedel Burda in Baden-Baden.
Er vermisse das Experiment, erklärte er neulich, und kündigt für 2006 ein Leichenwagen-Projekt der Rinke-Schülerin Mahoko Ogaki an. Voss hat seine Ausstellungs-»Ware« zuweilen schon vor der Vernissage verkauft. Noch größeres Verkaufstalent besitzt das Ehepaar Alexander Sies und Nina Höke. Sie starteten 1999, er als Volkswirt, sie als Betriebswirtin. Inzwischen führen sie gleich zwei Galerien auf der Poststraße, die eine als Programmgalerie ihrer internationalen Künstler, zu denen sie Uta Barth (USA), Marcel Dzama (Kanada) und Florian Slotawa (Berlin) zählen, die andere als »private Kunsthalle«, wo sie in loser Reihenfolge internationale Gegenwartskünstler zeigen, die sie sich von anderen Häusern holen, wie Jonathan Meese, den Schalk aus Berlin. Übrigens sind dies die weißen Räume, in denen einst Galerist Hubertus Schoeller die Zero-Gruppe vertrat.
Ende 2001 eröffnete Felix Ringel auf 500 Quadratmeter Fläche Düsseldorfs schönste Galerie. Der Architektensohn, der nach dem ersten Jura-Examen Kunstgeschichte studierte, in Hongkong lebte und Ausstellungen kuratierte, möchte den Industrie-Vorort Heerdt hoffähig machen – mit ästhetischen Akzenten in der internationalen Malerei sowie mit Lichtbänken von Stephan Sous oder Gummiobjekten von Thomas Bernstein.
2002 meldete sich Ulrike Schmela zurück, die Tochter des legendären Galeristen Alfred Schmela, der seit 1957 Düsseldorf zum Nabel der Kunst in Europa gemacht hatte. Sie, die Schülerin von Schwegler und Richter, war im Todesjahr des Vaters, 1980, in seinen Betrieb gekommen, hatte dann aber zehn Jahre lang aus familiären Gründen pausiert. Nun führt sie ein erstaunlich junges Programm in den originellen, skulptural wirkenden Räumen auf der Mutter-Ey-Straße hinter der Kunsthalle. Zur älteren Garde gehören lediglich Polke und Tuttle, aus ihrer eigenen Generation sind es Miriam Cahn und Rudolf Stingel.
Während sie wie im Schneeball-System durch Künstler neue Künstler empfohlen bekommt, macht ihre Tochter Lena gerade in Berlin eine eigene Galerie auf. Michael Cosar, Imdahl-Schüler aus Bochum, der zudem auch bei Werner Spies an der hiesigen Akademie studierte, vertritt seither die Düsseldorfer Szene. Ein Überlebensglück für ihn, dass ihm die Kaiserswerther Kollegin Ute Parduhn Stefan Kürten »auslieh«, der vor einigen Monaten bei »Triumph der Malerei« in der Saatchi-Galerie mitmischte. Die jüngste Kürten-Schau bei Cosar war prompt ausverkauft.
Elan erhält Düsseldorfs Galerie-Szene auch dadurch, dass intelligente junge Künstler die Seite wechseln und selbst auf den Markt drängen. Das war schon einst so bei Konrad Fischer und Alfred Schmela, die selbst als Künstler begannen. Jetzt ist es etwa Horst Schuler, Meisterschüler von Gerhard Richter, der 1982 Installationen mit farbigen Seidentüchern auf die documenta brachte und Ausstellungen im Museum Haus Lange, im Kölner Kunstverein oder bei Sperone Westwater-Fischer in New York präsentierte. 1998 entschloss er sich, mit experimenteller, unkonventioneller Kunst zu handeln, etwa mit einem Szenario aus lauter Unterhosen von Andreas Exner. Er sieht seinen Part an der Seite der Künstler und fährt ein erfrischendes Programm.
Die größte Spürnase besitzt momentan Anna Klinkhammer. Die Mutter dreier Kinder hatte bei Klaus Rinke studiert, ist Meisterschülerin von Rabinowitch und kommt aus dem Off-Betrieb. Ende 2000 wurde daraus eine richtige Galerie. Ihre größte Entdeckung ist die junge Malerin Andrea Lehmann, deren kometenhaften Aufstieg in Amerika sie mit einem Null-Budget förderte. Inzwischen fehlt Klinkhammer bei keiner Off-Messe, macht bei der London und Miami Scop, der Scop New York, den beiden Off-Messen in Berlin und der Frieze Art mit. Manchmal fliegen am Wochenende aus aller Herren Länder die Kunden ein, um ihre Küken zu bestaunen und zu kaufen.
Jung im Geschäft ist Bernd Ruzicska, der bei Kounellis und Trockel studierte, im Künstlerduo mit Alexandra Hopf einen grandiosen Off-Raum führte und nun mit Malerei, Objekten und Architektur-Entwürfen die intellektuelle Seite der Kunst abdeckt. Peter Tedden entdeckt im Verbund mit seiner Frau Sybille Kroos, Meisterschülerin von Penck, die junge Maler-Garde, im Angebot sind Robert Klümpen, Andrea Bender und der subversive Maler Arno Bojak. Der Volljurist ist längst zum Voll-Galeristen geworden, und er bietet seine »Schäfchen« oft genug zum Spottpreis an.
Daniela Steinfeld, Meisterschülerin von Becher und Dibbets, Stipendiatin der Judd-Foundation, macht seit einem Jahr mit ihrem Off-Raum »Van Horn« Furore. Sie zeigte Robert Crumb, die Legende des Comic-Undergrounds, das Sinnbild der amerikanischen Hippie-Szene, der Sub- und Gegenkultur, noch bevor Kasper König ihn im Museum Ludwig präsentierte. Sie holte Rudolf Steiner erstmals an den Rhein, Begründer der Anthroposophie und letztes Universalgenie deutscher Zunge. Es ist diese imaginative Erkenntnis von Sinn und Sein, die sie in ihrer eigenen Kunst und nun in ihrer Galerie sucht. Etwaige Gewinn-Chancen spielten anfangs keine Rolle, alle Arbeiten waren unverkäuflich. Ihre Kollegin Andrea Zeitler, Meisterschülerin von Becher und Hüppi, schafft eigene inszenierte Fotokunst und betreut zugleich ihre Freunde in einem Off-Raum, »Laden«. Aus den Kunstakademien in Hamburg und Düsseldorf ging auch Thomas Flor hervor, der in der Kölner Galerie Rolf Ricke gearbeitet hatte und sich nun für Düsseldorf entschied, weil die Stadt gegenüber Köln so sehr aufhole.
So dreht sich denn das Rad der Galerie-Geschichte weiter. Mitsamt den alten Hasen, zu denen Hans Strelow gehört (Galerist seit 1971), einst Vorkämpfer der abstrakten Expressionisten und der Colorfield-Painter Amerikas wie Adolph Gottlieb, David Smith, Kenneth Noland und Frank Stella, für den er die Exklusiv-Vertretung hat.
Seit 1981 ging jedes Werk von Emil Schumacher über sein Büro, jetzt betreut er den Nachlass des großen abstrakten Malers. Zu seinen Künstlern gehören Günther Uecker, Ulrich Erben, Günther Förg und Michael van Ofen. In den letzten Jahren verstärkte er das Engagement für Pierre Soulages, Victor Vasarely und Wilfried Moser, zugleich ist er neugierig genug für neue Talente. Sie leben, sie überleben und sie überraschen, Franz Swetec etwa, der 70-Jährige, der als Schreiner beim damaligen Wella-Chef und Kunstsammler Karl Ströher in Griesheim bei Darmstadt begonnen hatte und nebenbei die gesamte Elite der Kunst kennen lernte, so dass er 1968 Galerist wurde. Zuletzt ließ er mit einem qualitätsvollen Überblick über die Anfänge von Zero aufhorchen, im Vorgriff auf die Zero-Schau 2006 im museum kunst palast.
Die Düsseldorfer Galerien verkaufen in der Regel zeitgenössische Kunst. Doch es gibt Ausnahmen. Herbert Remmert und Peter Barth etwa versuchen seit exakt einem Vierteljahrhundert den Düsseldorfern ihre Tradition der 20er Jahre zurückzugeben. Sie retteten das Junge Rheinland und den Kreis um Johanna Ey vor dem Vergessen.
Pankok, Wollheim oder Dix, der geheimnisvolle Jankel Adler oder der von den Nazis gebeutelte Karl Schwesig, der naive Trillhaase, die Kölner Heinrich Hoerle, Franz W. Seiwert und Gottfried Brockmann, die rheinischen Expressionisten Macke, Nauen, Campendonk und Walter Ophey, die Berliner Hannah Höch und George Grosz sowie der früh verstorbene Walter Gramatté, sie alle fanden an der Mühlenstraße eine erste Adresse.
Die Königsallee ist traditionsgemäß ein wichtiger Ort der klassischen modernen Kunst. Die Firma Paffrath, gegründet 1867, sitzt an dem Bouelvard seit 1914. Die Erfolge der Düsseldorfer Malerschule liefen parallel zu den ihrigen, bis zum heutigen Tag. Der jetzige Inhaber, Hans Paffrath, war an dem ersten, richtungweisenden Lexikon der Düsseldorfer Malerschule wesentlich beteiligt. Seine Firma steuerte 150.000 Abbildungen aus dem eigenen Archiv bei, ein Beweis dafür, wie man sich hier der Vergangenheit auch forschend verpflichtet fühlt. Seit 30 Jahren sitzt auch Rainer M. Ludorff an der Kö. Er vertritt hochrangige Kunst der klassischen Moderne. Die Schwerpunkte liegen im deutschen Expressionismus, Impressionismus und in der Nachkriegsabstraktion. Erst vor wenigen Monaten erstaunte er mit einer Gerhard-Richter-Ausstellung. Systematisch hat er seinen Betrieb zu einem der großen Kunsthäuser Europas entwickelt.
Das Motto »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold« gilt für das Kunstantiquariat C.G. Boerner. Aus Angst vor Dieben gelangt der Besucher an schmuddeligen Schaufenstern auf der Kasernenstraße vorbei in eine Schatzkammer. Das berühmte Kunsthaus hat Carl Gustav Boerner, Jahrgang 1790, zum Ahnherrn. Dieser Leipziger Spezialist alter »Stiche« und Zeichnungen zählte Goethe zu seinen ersten Kunden, als privater Sammler und als Beauftragter der Kunstsammlungen des Großherzogs von Sachsen- Weimar-Eisenach. Seine Nachfahren kannten alle Blätter in sämtlichen Druck-Varianten von Dürer, Cranach, Rembrandt oder Caspar David Friedrich. Sie retteten die Versteigerungskataloge und Lagerlisten mit den exakten Beschreibungen der Blätter über die Kriege hinweg und eröffneten 1950 in Düsseldorf. Doch Boerner und ihre Nachfolger, die Trautscholdt, starben aus, und die geschäftsführende Gesellschafterin Ruth-Maria Muthmann wurde alt. So kam der internationale Kunstkonzern Artemis Fine Arts mit Standorten in London und New York in den Besitz des gesammelten Wissens der druckgrafischen Künste aller Zeiten. Die Ware selbst wird hierzulande eingesammelt und fliegt häufig genug zum Verkauf nach Übersee, wo man noch an einem »echten« Dürer in einem frischen Abzug Gefallen hat.
Ein recht untypischer Galerist, Jochen Suhr, feierte im Vorjahr seine 100. Ausstellung. Suhr, der zum Gründungsvorstand der Metro AG gehörte, lernte als solcher die Konsumwünsche der Deutschen kennen. Und er schätzte die DDR-Kunst, war fasziniert von ihren Farben, Gedanken und Sehnsüchten. Max Uhlig und Michael Morgner von der »Clara Mösch«-Untergrundbewegung gehörten dazu, oder Walter Libuda, der im DDR-Pavillon von Venedig an Grenzen rüttelte. Suhr sammelte wie ein Liebhaber.
1988 eröffneten er und seine Frau zusammen mit Uhlig eine Galerie an der Beethovenstraße und halfen bei der Retrospektive der großen Uhlig-Schau im Kunstpalast. Die Galerie heißt noch immer Galerie Beethovenstraße, obwohl sie inzwischen an der San-Remo-Straße liegt. Das Haus bietet 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, davon die Hälfte für die Privatsammlung an ostdeutscher Kunst sowie 1500 Figuren polnischer Naiver. Ihre Qualität verschlägt einem den Atem.
Zum Düsseldorfer Kunstmarkt gehört die einzigartige Kunsthandel KG Artax von Ralph Kleinsimlinghaus, die ständig 5000 Objekte von Gegenwarts-Künstlern weltweit anbietet, oder der Art Consultant Helge Achenbach, der in sechs deutschen Städten Vertretungen unterhält und als Marktführer der Branche gilt. Düsseldorf ist »in«. Nur die beiden Schwestern Marion und Roswitha Fricke folgten dem Zug der Bundesregierung. Marion Fricke: »Früher ist man über das Rheinland zur documenta geflogen, jetzt über Berlin – und seine andere Offenheit.« Ihre Galerien für junge Kunst liegen in Düsseldorf und in Berlin. Mit diesem »Hauptstadt-Syndrom« lässt es sich aber leben.