Ein Sturm braust durch die Ouvertüre, eine brillante, euphorische Mischung aus Richard Strauss und Lennie Bernstein. Von Zeit zu Zeit aber bricht alles abrupt zusammen: Ein dumpfer Schlag, dann ein Schrei, am Ende des Vorspiels gar der Exitus. »Todesschlag und Todesschrei« notiert der Komponist Jan Müller-Wieland über den Noten. Noch bevor der Vorhang sich hebt, hat der »Held der westlichen Welt« sein Werk vollbracht. Oder etwa nicht? In seiner zehnten Oper, einem Auftragswerk der Kölner Oper, greift der Henze-Schüler Müller-Wieland zu John Millington Synge und seinem Stück »The Playboy of the Western World« (1907) – dem irischen Nationalstück, für das sich einst Brecht und Böll begeisterten. In der Kneipe »Zum Himmelheim« geht es höllisch zu, man säuft, hurt, ist irgendwie orientierungslos. Da erscheint, fast unbemerkt, dieser namenlose Pimpf unter der Babymütze (die in jeder Hinsicht wunderbare Claudia Rohrbach) und behauptet, seinem Papa den Schädel gespalten zu haben. Jawohl, »neue Helden braucht das Land«! Als Paps dann doch blessiert, aber sehr lebendig auftaucht, ist es mit dem Heldenruhm vorbei: Die irischen Waschlappen geben ihm den Laufpass – mitten in die Arme der allein selig machenden Familie.
Als sein eigener Librettist hat Müller-Wieland Synges Stück grotesk zugespitzt, die politische Dimension aber verharmlost. Und so plappert und klappert es den Abend lang neoklassizistisch zwischen Courante und Trauermarsch, »Folterpolka« und Wiegenlied. Dabei ist alles so virtuos und rhythmisch komplex, dass das Gürzenich-Orchester unter Markus Stenz ordentlich ins Schwitzen kommt. Karoline Gruber inszeniert das irische Kneipen-Welttheater zwischen wackelig gezimmerten Fassaden, Vergnügungspark und Wüstenei (Bühne: Thilo Reuther). Doch alles, was Müller-Wieland vom Massenbesäufnis bis zur blasphemischen Kreuzigung des Helden an szenischen Steilvorlagen liefert, wird von der Regie verschenkt. Neue Opern braucht das Land – immer noch! STRUCK-SCHLOEN