REZENSION ANDREAS WILINK
Natürlich Skandinavien. Die haben es raus. Im Ratten-Versuchslabor staunt der Forscher nicht schlecht, als die Tiere plötzlich verschwindend klein sind. Und dann ist der Mensch dran – ein paar Jahre weiter, und das Experiment bietet ein Gegenmittel zur Überbevölkerung, zur Erderwärmung, zum Wassermangel, zur Müll-Belastung, zur Ressourcen-Verschwendung. Aber das Modell Gesundschrumpfen birgt auch Risiken.
Hollywood übt sich in Nachhaltigkeit. Die goldenen Tage der Filmfabrik kannten schon einen Regisseur, der erzählte, wie der Mensch Mensch bleiben oder wieder werden soll. Frank Capra zeigte, dass das Leben wunderbar ist, wenn das Herz spricht statt das Kapital als Gefühlskiller herrscht: der »Scrooge«-Effekt frei nach Dickens. Alexander Payne, der sich in der Tradition Capras sieht, spielt mit dieser Philosophie, die wir schonungshalber nicht Ideologie nennen wollen.
Der Ergotherapeut Paul Safranek (Matt Damon), auf dem abschüssigen Weg vom Mittelstand an den sozialen Rand, macht sich klein, um groß aus der Krise zu kommen. Er und anfangs auch seine Frau Audrey (Kristen Wiig) wollen sich der Transformation aussetzen. Die Klein-Stadt-Welt Leisureland, die schon zum begehrten Millionen-Marketing-Seller wurde, bietet die Alternative. So sieht es aus, wenn Wachstum bewusst minimiert wird. 12 Zentimeter statt 1,90 Meter im Fall von Safranek, das bringt Kostendämpfung.
Wie in der Wirklichkeit existiert in der Utopia-Puppenstube neben einer luxuriösen kirmeshaften Siedlungs-Society mit venezianischem dolce vita und französischem Chateau-Chic ein sozialer Slum. Man muss durch einen dunklen Tunnel und ist im Elendsquartier. small people sind, wie die weißen Anti-Elite-Wähler Trumps, nicht gefeit vor rassistischen Ausgrenzungs-Praktiken. Um Paul die Augen zu öffnen, braucht es eine Frau: die unter Lebensgefahr illegal nach Amerika gekommene Vietnamesin Ngoc Lan Tran (Hong Cau), die als politische Aktivistin und ruppige gute Fee vor dem Ende der Erde warnt und an unser aller Gewissen appelliert.
»Downsizing« ist Entertainment (in Nebenrollen: Udo Kier und Christoph Waltz als hedonistische Party People, letzterer wieder sardonisches Grinsen im Gesicht) mit vielen hübschen Details (etwa der medizinischen Verwandlungs-Prozedur) und globalem Appeal; und schlägt als Parabel sarkastische Töne an. Auch das konnte Payne von Capra lernen: ein Genre mit dem anderen zu mischen, ohne dass Emotionen in Konfusion geraten. Wenn die Winzlinge etwa durch real hohes Gras fahren, ist das fast so schön wie Spielbergs äsende ‚echte’ Saurier-Herde im Jurassic Park. Nicht mal Walt Disney kriegte das besser hin. Und kann das Naturwunder eines Sonnenuntergangs denn anders als pathetisch sein?
»Downsizing«; Regie: Alexander Payne; USA 2017; 135 Min.; Start: 18. Januar 2018.