TEXT: ALEXANDRA WACH
Im Kinosaal herrscht Mord und Totschlag. Schlangen häuten sich und weinen Blut. Männer in Priestergewändern stellen grell geschminkten Prostituierten nach. Plötzlich tragen sie Ku-Klux-Klan-Kleider. Sie vergewaltigen und schlagen zu, während eine märchenhaft verrätselte Musik keine Notiz von dem albtraumhaften Geschehen nimmt.
Bunte Figuren aus Plastilin sind die Spezialität von Nathalie Djurberg. Ihre nur auf den ersten Blick kindlichen Animationsfilme sind drastisch. Trotzdem fühlt man sich angezogen von diesen böse entgleisenden Spielen um Macht, Ohnmacht und ekstatische Destruktion. Vielleicht, weil Djurberg den Blick nicht abwendet und den Finger mitten in die Abgründe unserer hedonistischen Spektakelwelt legt.
Den Machern der 53. Biennale von Venedig waren ihre Knetmasse-Kriege immerhin einen Preis wert. Sie bekam 2009 den Silbernen Löwen für die beste Nachwuchskünstlerin. Spätestens seit dieser Empfehlung gehört die 1978 geborene Schwedin zum Establishment. Eigentlich ist sie für einen Auftritt in einem Kunstverein damit überqualifiziert. Umso löblicher, dass es Direktor Moritz Wesseler gelungen ist, die keineswegs naive Puppenfrau sogar für eine Premiere im Kölnischen Kunstverein zu gewinnen.
Mit der Schau »Maybe This Is A Dream« beweist sie ganz nebenbei auch, dass die obszön-giftigen Horrorfilmchen – aufwendig in Stop-Motion-Technik mit einer Mini-DV-Videokamera aufgenommen – noch lange nicht alles sind, was ihr zur Essenz der conditio humana einfällt. Die Zusammenarbeit mit ihrem gleichaltrigen Lebensgefährten Hans Berg, der für die überwiegend elektronische Untermalung verantwortlich zeichnet, hat sich zuletzt derart intensiviert, dass die Wahl-Berliner beschlossen, als Künstlerpaar aufzutreten. Im Hauptsaal gedeiht die kreative Symbiose nach dem einführenden Einblick in vier ihrer ›klassischen‹ Filme prächtig.
Der sanft fließende Soundteppich beweist diesmal in dem abgedunkelten Schlauch Führungsqualitäten. Die Tonspur ist genauso wichtig wie die Bildebene. Auf der 30 Meter langen Leinwand überrascht »The Black Pot« (2013) mit abstrakten Formen. Vor einem Jahr war der Film bereits in »The Garage« zu sehen, dem von Darja Zhukova, Freundin von Oligarch Roman Abramowitsch, ins Leben gerufenen Museum für internationale Kunst. Nach Moskau folgt nun die deutschlandweite Taufe in Köln.
Eiförmige Blasen wachsen, teilen sich, durchlaufen Stadien und zerfließen in dünne Farbstreifen, nur um der nächsten Generation blubbernder Tropfen Platz zu machen. Ein Lebenskreislauf, der sich bequem vom Rest der Installation aus studieren lässt. Hier nimmt die Narration doch noch überhand. Scheinwerfer beleuchten voluminöse Donuts. Geöffnete Eierschalen bieten sich zum Liegen an. Eine bunte Oberfläche aus Silikon und Acryl-Farbe imitiert Zuckerguss und reizt den haptischen Impuls.
An kunsthistorischen Referenzen herrscht kein Mangel. Claes Oldenburgs bemalte Pappfetzen, die Gummihaut- und Segeltuchskulpturen drängen sich auf. Yayoi Kusamas obsessive Punkte-Landschaften oder die Stop-Motion-Kurzfilme von Brent Green, die ebenfalls schaurig schön von Schmerz und Leid erzählen. Das Duo knüpft bewusst an vielfältige Positionen an und lässt sie in seine suggestiven Parallelwelten einfließen.
Eine Neuheit ist dagegen sicherlich die von den Künstlern entworfene Tragetasche samt Spiegelei-Logo. Klingt wie handfestes Marketing, ist aber als Erinnerungsstück an einen poppig überbordenden Trip entlang der evolutionären Daseinskonstanten der Menschheit gedacht.
Kölnischer Kunstverein; Bis 1. Juni 2014. Tel.: 0221 / 217021. www.koelnischerkunstverein.de