TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
Das kommt davon, wenn man Gott trifft. Da ist man, wie Saulus, auf dem Weg nach Damaskus und zack – nimmt der Allmächtige einen mittels einer großen Sprechblase in Frakturschrift ins Gebet und macht aus dem engstirnigen Juden und Pharisäer einen nicht weniger engstirnigen Apostel, der unter dem Namen Paulus vor allem Nicht-Juden die Auferstehung von Jesus Christus verkünden soll. Nach seinen Interpretationen der Schöpfungsgeschichte (»Prototyp«) und der Sintflut (»Archetyp«) hat sich der Comiczeichner Ralf König, Mitglied der Giordano-Bruno-Stiftung, den erfolglosen »Antitypen« Paulus vorgenommen. Er schickt den Unsympathen auf Missionsreise ausgerechnet in die »Götzendämmerung« nach Athen, wo ein Philosophenkongress und die »Dionysien«, eine Art antiker Christopher-Street-Day, stattfinden.
Wo Otto Waalkes noch harmlos kalauerte (»Paulus schrieb den Irokesen: Euch schreib ich nicht, lernt erstmal lesen!«), langt König richtig zu: Hochkomische Religionskritik, die keine Glaubensrichtung verschont. So steckt er Paulus mit einem urlaubenden Päderasten aus Thessaloniki auf eine Touristengaleere (König-Fans können sich freuen: Endlich wieder Geschlechtsteile!), lässt in einem Nebenstrang Gott Mose richtig zusammenfalten (»Ich bin ja nicht der einzige Gott auf Erden!«) und zeigt, woher die Mitra und der Bischofsstab wirklich stammen – nämlich aus dem Fundus eines schwulen Stylisten. »Antityp« schließt Königs klerikal-kritische Comic-Triologie ab, wobei Moses eigentlich sein eigenes Buch verdient hätte. | VKB
Ralf König, »Antityp«; Rowohlt, Reinbek 2010, 160 S., 16,95 Euro
Ralf König liest und signiert am 7.2.2011 um 20 Uhr im Zakk, Düsseldorf, und im Rahmen der »Lit.Cologne« am 21.3.2011 um 21 Uhr in der Aula der FH Köln.