Freitagabends, Spaziergang mit meiner jungen Hündin Zara, wie oft in den ummauerten Rosengarten des Düsseldorfer Stadtmuseums. Nach zehn Minuten dort, als wir wieder hinaus wollen auf die Bäckergasse, ist das Tor verschlossen. Es ist weit vor 20 Uhr. Derjenige, der uns (auf einer Bank lag eine etwa Zwanzigjährige mit Kopfhörern, der nicht das Hören, aber wohl das Sehen vergangen war, und die ich aus ihren Techno-Träumen reiße, um ihr zu sagen, dass wir gemeinsam hinter Gittern seien), eingesperrt hatte, hatte keinen überprüfenden Blick in den Park getan. Der Wachmann des Museums (Security Service, Deutsch als Fremdsprache) besitzt keinen Schlüssel und ist auch schon auf dem Nachhauseweg: Es tue ihm leid. – Vielleicht die Polizei?
Einsehbar – wie im Großzwinger
Die ist beim ersten Anruf unwirsch, beim zweiten unverschämt, beim dritten will sie weiterverbinden, was nicht gelingt, beim vierten: Wieso, sind Sie in Lebensgefahr? Wer weiß, Rosen haben Dornen. Von einem Passanten (mit Hund) – wir sind in unserem Großzwinger einsehbar, aber nicht einsichtig – ist guter Rat nicht teuer: Rufen Sie die Leitstelle des Ordnungsamtes an! Was es alles gibt!
Tatsächlich, dort eine Stimme in der Leitung: Sie seien schon informiert (von wem? – der Fügung? ) und unterwegs. Es rückt an: eine Einheit von Sechs, eine Frau, vier Männer und ein Anführer, doppelt männlich in seinem Befehlston. Ja, es tue Ihnen leid, der Schlüssel sei auf dem Amt im Rucksack eines Kollegen.
Eine halbe Stunde später, nach Durchsuchung der Amtsräume, bringen sie in Erfahrung, dass der Schlüssel Kompetenzen-halber vom Ordnungsamt just an diesem Tag an das Gartenamt (vielleicht aber auch an das Bauamt, so genau ist es nicht zu klären) gegangen sei. Und, wie gesagt, es tue ihnen leid. Aber heute habe am Morgen den Park niemand aufgeschlossen, also könne er auch nicht abgeschlossen sein: Behörden-Logik.
Der Mann mit dem Schlüssel
Eine Stunde ist vergangen. Ich: Wer sei denn der Mann gewesen, der, ohne unsere Anwesenheit zur Kenntnis zu nehmen – Frau, Mann, Hund – offenbar doch einen Schlüssel gehabt habe? Durch welches Schlüsselloch sei der denn nun in welche Wirklichkeit entkommen?
Die Sechser-Kohorte: Unser Kollege, der mit dem Rucksack, ist vermutlich schon unterwegs. – Aber wenn er gekommen wäre und den Rucksack dabei gehabt hätte, der sich dann nicht im Ordnungsamt befunden hätte, wäre dieses Behältnis leer gewesen, weil der Schlüssel ja… – bald 21 Uhr.
Und nun? „Wir haben einen Schlüsseldienst als Vertragspartner.“ Ich hatte bereits eine halbe Stunde zuvor angeregt, einen Schlüsseldienst zu beauftragen. Aber da lautete das Codewort noch: Rucksack.
Die 20-Jährige, die inzwischen ihren Freund und weitere Freunde per Handy gerufen hatte, entkommt über die rückwärtige Mauer des Parks durch einen Sprung in die Tiefe von circa vier Metern, aufgefangen von ihrem Freund. Aber ich habe keinen Freund (oder zumindest nicht zur Hand), der mich hätte auffangen können, jedenfalls nicht für solche trivialen Aktionen. Und Zara? Eine Nacht allein im Park – fast ein Sommernachtstraum-Paradies, doch wäre ihr danach das Leben mit mir noch mehr als Fegefeuer erschienen.
Das Tor zur Freiheit
21.15 Uhr. Der Mensch vom Schlüsseldienst fährt vor, rheinisch-gemütlich, einen Jokus auf den Lippen, über den ich nicht mehr lachen kann. Er hat einen Bund Schlüssel dabei, die aussehen wie für den Kastellan auf Nosferatus transsylvanischer Burg. Schon der zweite Schlüsselbart passt haarfein. Es dauert keine zehn Sekunden, das Schloss springt auf. Das Tor zur Freiheit öffnet sich, vor dem mittlerweile ein Mannschaftswagen mit neun städtischen Bediensteten tatenlos der Dinge harren.
Zara rast in einer Tour bis vor die Haustür, ich, so gut ich kann, an der Leine hinterdrein. So wird mir nach kühlen zwei Stunden wieder warm.