TEXT: VOLKER K. BELGHAUS
So kann man seine Möbel auch nennen: »Anna-Lena«, »Flachmann« oder »Pinokkio«. Letzterer ist bewusst falsch geschrieben, das doppelte »K« verweist auf das Möbel- und Interiourlabel »KaschKasch« und gleichzeitig auf die Spiel- und Experimentierfreudigkeit der dahinter steckenden Designer Florian Kallus und Sebastian Schneider.
Kennen gelernt haben sich die beiden beim gemeinsamen Studium an der Akademie für Gestaltung in Münster, die Design und Handwerk verbindet. Das merkt man auch den Objekten ihrer ersten Kollektion an. Beide sind gelernte Tischler, Schneider ist zudem Meister seines Fachs. Sie verbindet die Liebe zum raffinierten Detail und zur Handwerkskunst. Bei ihrem Beistelltisch »Pina side table«, der auf den ersten Blick etwas unspektakulär daherkommt, spürt man ihre Begeisterung, wenn sie die verschiedenen Entwicklungsstadien anhand von Holzmodellen zeigen. Es brauchte viele Arbeitsschritte, sich der perfekten Form der Standfüße und deren Verbindung zu nähern. Die Konstruktion findet sich auch bei der Lampe »Pina table lamp« wieder, die durch ihre geschlossene Form wie ein Hocker aussieht.
Apropos Füße und Beine: Ihre Bank-Tisch-Kombination »Pinokkio« hat diese, sich nach unten verjüngenden, Beine, die stilistisch die 50er Jahre und rustikale Bauernmöbel zitieren und mit einer massiven Schraubverbindung an der Sitz- und Tischfläche verbunden sind. Auf die Frage, warum das Ding denn nun »Pinokkio« heißt, hält sich Sebastian Schneider lächelnd ein Tischbein waagerecht vor die Nase: »Ist doch ganz einfach, oder?« Tische lügen also nicht – und höhenverstellbar ist »Pinokkio« auch nicht, was andererseits natürlich konsequent gewesen wäre.
»KaschKasch« zeigt mit Türkis- und Blautönen Mut zur Farbe, ansonsten herrscht gepflegter Minimalismus: Die Deckenlampe »Flachmann« macht ihrem Namen alle Ehre und besteht aus einem Kabel, einer Glühbirne und einer runden, beschichteten Metallscheibe, die als Reflektionsfläche dient. Die Garderobe »Anna-Lena« hingegen ist aus drei beschichteten, miteinander verbundenen Metall-Stäben zusammengesetzt und wird einfach an die Wand gelehnt oder in eine Ecke gestellt.
Florian Kallus und Sebastian Schneider haben bereits vor »KaschKasch« Möbel- und Designobjekte unter ihren eigenen Namen entworfen. Teile der Einzelkollektionen sind auch bei »KaschKasch« zu finden, wie Schneiders »Anna Lena« oder Kallus’ »Tamp & Lable«, ein Arbeitstisch mit raffiniert integrierter Lampe, die scheinbar starr mit der Unterkonstruktion verbunden ist, sich aber schwenken lässt und mit einem angesagten, rot umhüllten Textilkabel ausgestattet ist.
Kallus und Schneider haben mit »KaschKasch« kürzlich ihren Lebens- und Arbeitsmittelpunkt vom überschaubaren Münster nach Köln verlegt; auch, um ein größeres und internationales Publikum zu erreichen. Neben der Kollektion haben sie ein gleichnamiges Designbüro mit dem nahe liegenden Schwerpunkt Möbel- und Interiourdesign gegründet; in Zukunft wollen sie ganze Räume, wie Geschäfte oder Bars, entwerfen. Mit der »KaschKasch«-Kollektion, die sie als ihre »Visitenkarte« sehen, sind sie im Frühjahr 2012 auf der Mailänder Möbelmesse und wahrscheinlich im Umfeld der Kölner »Passagen« und der »Designers Fair« zu sehen.
Eine Frage zum Schluss: Warum heißt die Garderobe eigentlich »Anna-Lena«? Auch ganz einfach: »Weil sie anna Wand lehnt.«
www.kaschkasch.de
www.floriankallus.de
www.herrschneider.net