TEXT: SASCHA WESTPHAL
Über allem thront der Narr in Gestalt von Volker Roos. Von seinem Platz auf der Steinmauer kann er das Treiben zu seinen Füßen in einer Mischung aus Mitleid und Spott verfolgen. Er kennt die Menschen und weiß, dass jede Komödie die Tragödie in sich trägt und jede Tragödie wie eine Komödie erscheinen kann. Als Double seiner Regisseurin hält er in Shakespeares »Was Ihr wollt« alle Spielfäden in der Hand. Karin Neuhäusers Inszenierung, entstanden am Theater an der Ruhr, wurde zum NRW Theatertreffen eingeladen. Der weise Narr hat eine Strahlkraft, die über den einen Abend hinausreicht. Er erweist sich als Schutzpatron des gesamten Festivals.
Denn ein Großteil der neun von einer Fachjury ausgewählten Inszenierungen stellt die eigenen Mittel bewusst aus. Die Welt ist eben auch nur Bühne und das Theater der (Zerr-)Spiegel, in dem sich die Wirklichkeit offenbart. So versuchen die Schauspieler in Hermann Schmidt-Rahmers Version von Elfriede Jelineks »Ulrike Maria Stuart« (Schauspiel Essen) zuerst die Bühnenarbeiter und dann das Publikum zu revolutionären Aktionen zu bewegen – und scheitern dabei auf ganzer Linie. Vom zwangsläufigen Scheitern an der Wirklichkeit zeugt auch Philipp Preuss’ Reflexion anhand von Molières »Der Geizige« am Schlosstheater Moers.
Nachdem 2011 mit Inszenierungen aus Neuss und Bielefeld die Peripherie ins Zentrum drängte, wird das NRW Theatertreffen nun von den Häusern an Rhein und Ruhr beherrscht. Von den Landestheatern ist nur die kleine Burghofbühne Dinslaken vertreten. Im Rahmenprogramm läuft deren Inszenierung von Kroetz’ »Wer durchs Laub geht«. Um die Jury-Preise und den Publikumspreis konkurrieren neben Essen, Moers und Mülheim noch Dortmunds Ibsen-Doppel »Nora & Gespenster«, Falk Richters Bearbeitung des Houellebecq-Romans »Karte und Gebiet« (Düsseldorf), »Wir Kinder von Theben« (Köln) und mit Christian von Treskows Wuppertaler Einrichtung von »Die Kontrakte des Kaufmanns« ein zweiter Jelinek-Abend.
Außerdem gehören mit Biljana Srbljanovics »Das Leben ist kein Fahrrad« (Bochum) und Philipp Löhles Einfamilienstück »Der Wind macht das Fähnchen« (Bonn) noch zwei Uraufführungen zum Wettbewerb des Festivals, das am 10. Juni mit einem Gastspiel aus dem NRW-Partnerland Polen eröffnet wird. Das Krakauer Teatr Laznia Nowa zeigt »Entert he Dragon. Trailer«, Mateusz Pakulas Show nach Motiven des Films »Der Mann mit der Todeskralle«.
Ein gutes Händchen kann ein Festival ja immer gebrauchen. | SAW
10. bis 17 . Juni 2012; www.nrw-theatertreffen.de + www.theater-oberhausen.de