TEXT: STEFANIE STADEL
Lange Flure, viele Türen – neben manch einer hängt noch das klassische Büro-Schildchen, darauf zu lesen ist: »Sozialwerk des Auswärtigen Amtes«. Die Beamten haben ihre »Baracke« natürlich längst verlassen. Jetzt ist die Kunst vorübergehend eingezogen in den zwischen Adenauerallee, Rhein und ein paar Gründerzeitvillen idyllisch versteckten 50er-Jahre-Zweckbau.
Dass irgendwas hier anders ist als sonst, ahnte man schon bei der Anfahrt in die Sackgasse. Es schaut nach Romantik à la Caspar David Friedrich aus, was sich da ans Kopfende des schnöden Gebäuderiegels geheftet hat: Eine mittelalterlich anmutende Apsis mit Spitzbogenfenster. Clemens Botho Goldbach hat sie aus alten Ziegelsteinen aufgemauert.
Im Treppenhaus angekommen, irritiert dann ein leises Plätschern, das sich bald zum unüberhörbaren Rauschen steigert. Duscht da jemand? Oder ist vielleicht irgendwo ein Rohr gebrochen? Auf der Suche nach der Unglücksstelle steht man bald vor der offenen Tür eines der Büros, wo der junge Lette Miks Mitrevics Teichfolie ausgelegt und allerlei Erinnerungsstücke abgestellt hat. Wasser dringt durch die Decke, dazwischen gibt es aber auch trockene Phasen, und manchmal scheint sogar die Sonne. Ein unendlicher Kreislauf, wo die Gegenwart sich fortwährend mit diffusen Erinnerungen mischt.
»update – Die Welt als Modell« – das Ausstellungsthema hat sich die in Bonn ansässige Montag Stiftung Bildende Kunst ausgedacht und dann acht internationale Künstler eingeladen, damit umzugehen. Und zwar in Arbeiten, die speziell konzipiert sein sollten für den eigentümlichen Ort – was die Sache erst richtig spannend macht.
Kammer für Kammer öffnen sich dort nun Blicke in die kleinen Kunstwelten. Einige gefallen sich in der räumlichen Enge. So Ina Webers »Bus Shelter«. Der Pavillon ist einer realen Bushaltestelle in Brighton nachempfunden, allerdings in den Ausmaßen geschrumpft, so dass er gerade eben ins Büroräumchen passt. Bei Stefan Eberstadt haut das nicht mehr so ganz hin. Sein beklemmend verschachtelter Raum im Raum platzt mit einer Ecke aus der Tür auf den Flur hinaus.
Andere Arbeiten leben vom nahe liegenden, trotzdem immer wieder verstörenden Spiel mit den Dimensionen. Ein besonders gelungenes Beispiel liefert hier Susanne Kutter, die ihre liebevoll gebastelte Vierzimmer-Miniatur-Wohnung mit allerlei Getier bevölkert, alles filmt und dann groß an die Wand wirft: Im Salon schlägt ein Schmetterling mit den Flügeln, nebenan im Schlafzimmer treffen sich Spinne und Fliege, während an den Küchenwänden eine scheinbar gigantische Schabe herumkrabbelt.
Wer hätte gedacht, dass noch einmal so viel Leben sein wird in den verlassenen Amtsstuben!
Bis 31. Oktober 2010. Gebäuderiegel, Raiffeisenstraße 5, Bonn. Tel. 0228/26716 0. www.welt-als-modell.de