…ist Medienbildung in Zeiten von Fake News. Diesmal mit Hatice Kahram, Leiterin der Salon5-Jugendredaktion von Correcitv.
…ist, dass junge Menschen lernen, zwischen Fakten und Desinformationen zu unterscheiden. Im März 2020, also mitten in der Pandemie, haben wir mit der Jugendredaktion Salon5 in Bottrop angefangen. Das ist immer noch unser Hauptsitz. Allerdings kam das Angebot so gut an, dass viele Jugendliche bald weite Strecken in Kauf nahmen und auch aus Bochum, Dortmund, Marl oder Witten anreisten. Nach der Eröffnung von Standorten in Greifswald und Hamburg-Bergedorf fragte mein Chef vor eineinhalb Jahren: Wollen wir das nicht noch erweitern? Ich hatte immer den Wunsch, einen Standort in Dortmund zu gründen. Ich bin selber in der Stadt geboren und aufgewachsen. Nach einer Phase der Netzwerkarbeit zum Beispiel in Schulen und Jugendeinrichtungen konnte unsere Dortmunder Redaktion im April in der Nordstadt öffnen. Wir haben gemerkt: Da ist großer Bedarf. Wir verbinden Medien- mit Jugendarbeit, das gibt es sonst gar nicht.

Unser Ziel ist: Jugendliche sollen eine Plattform bekommen, wo sie über ihre eigenen Probleme und Anliegen reden und arbeiten können. Das wird stark gebraucht. Es gibt viele journalistische Angebote für junge Menschen, aber keine, bei denen sie ihre Formate selber entwickeln und umsetzen. Unsere Kernzielgruppe sind 14- bis 15-Jährige. Wenn man sich die Medienlandschaft anschaut, dann gibt es viele Formate für Kinder. Sie sind leicht zu erreichen, wenn sie Eltern haben, die auch Medien konsumieren. Aber auch junge Erwachsene, die in den Berufsalltag starten, werden angesprochen. Teenager zu erreichen, ist hingegen schwierig. Sie sind in der Pubertät, manchmal komplett mit Social Media aufgewachsen. Viele wissen gar nicht, was Journalismus ist, was Journalisten überhaupt machen, was der Unterschied ist zwischen Nachrichten und Beiträgen von Influencern. Vormittags geben wir Workshops an Schulen – im Nachmittagsbereich kommen die Jugendlichen zu uns und produzieren Inhalte. Bei dieser Zielgruppe bedeutet das aber auch: Sie sagen, sie kommen um 16 Uhr, aber dann kommen sie nicht. Man muss mit einer unzuverlässigen Zielgruppe umgehen können.
»Wir glauben, wenn junge Menschen wissen, warum Nachrichten wichtig für ihr Leben sind, wenn sie lernen zwischen Fakten und Desinformationen zu unterscheiden, dann gewinnt die Demokratie.«
Hatice Kahraman
Unsere Büros sind wie Jugendhäuser aufgebaut. Wir haben Kicker rumstehen, in Bottrop gibt es eine Switch. Die Jugendlichen lernen: Dieser Ort macht Spaß. Im zweiten Schritt versuchen wir, auf ihre Themen einzugehen. Klassiker sind alles rund um Schule oder Themen, wo es um das Erste Mal geht – von Zuhause ausziehen, das erste Mal einen Freund haben, solche Sachen. Sie lernen bei uns, ihre Interessen zu entwickeln. Danach zeigen wir ihnen das journalistische Handwerk – wie man richtig recherchiert, wie man Desinformationen erkennt, wie man Podcasts aufbaut. Wir haben ein Web-Radio, Auftritte bei TikTok, Instagram und Youtube unter »Salon5_«.
Wir glauben, wenn junge Menschen wissen, warum Nachrichten wichtig für ihr Leben sind, wenn sie lernen zwischen Fakten und Desinformationen zu unterscheiden, dann gewinnt die Demokratie. Wenn demokratische Prozesse funktionieren sollen, müssen Menschen verstehen, was passiert. Daher auch unser Name: Er steht für den Artikel 5 des Grundgesetzes – für die Meinungsfreiheit. Die Jugendlichen sollen Teil der Gesellschaft, Teil der Demokratie sein. Das lernen sie durch Medienkompetenz. Die meisten machen über zwei oder drei Jahre bei uns mit und fangen an, darüber nachzudenken, warum Journalismus wichtig ist. Sie sind kritischer im Internet unterwegs, können Nachrichten einordnen, fangen auch an, sich zu engagieren. Wenn man es etwas versteht und eine Meinung bildet, dann will man sich auch dafür einsetzen.
Aufgezeichnet von Max Florian Kühlem
Zur Person
Hatice Kahraman ist Leiterin von Salon5, der Jugendredaktion von Correctiv. Zuvor hatte sie Journalismus und Politikwissenschaften studiert, für den WDR, Spiegel online und die dpa gearbeitet und beim Recherchenetzwerk volontiert. Salon5 gibt es an fünf Standorten in ganz Deutschland – im April wurde der jüngste Redaktionssitz eröffnet: Seitdem treffen sich junge Journalist*innen zwischen 13 und 18 Jahren in der Dortmunder Nordstadt. Woran wird dort gearbeitet?
Name: Hatice Kahraman
Alter: 30
Beruf: Chefredakteurin Salon5
Wohnort: Mülheim an der Ruhr