INTERVIEW: ULRICH DEUTER UND STEFANIE STADEL
K.WEST: Seit gut einem Monat sind Sie der neue Chef des Museum Folkwang. Was hat Sie in dieser Zeit besonders beschäftigt?
BEZZOLA: Dass die Planungen für 2013 noch nicht sehr weit waren. Einige der Ausstellungen waren angedacht, aber noch nicht vollständig kalkuliert und fixiert. Inzwischen haben wir das laufende Jahr im Trockenen und ich bin dabei, die folgenden anzugehen.
K.WEST: Sie sprechen von internen Versäumnissen. Schaut man von außen auf das Museum, fällt auf, dass es nach dem Kulturhauptstadtjahr einen deutlichen Einbruch gab. Die große neue Halle für Wechselausstellungen blieb meist leer. Was wahrscheinlich auch finanzielle Gründe hat. Wie wollen Sie dem Haus künftig gerecht werden?
BEZZOLA: Es gab einen Akzent auf die drei Nebengefäße – die Räume für das Plakatmuseum, die Grafische und Fotografische Sammlung. Für 2013 gab es noch Lücken im Programm für die Haupthalle des Hauses. Das haben wir jetzt nachgeholt und zwei große Ausstellungen ins Programm genommen: Im Sommer eine mit installativer Malerei. Im Herbst zeigen wir dann Thomas Schütte.
K.WEST: Erst eine riesige Halle bauen und sie dann nicht nutzen – wie kann das sein?
BEZZOLA: Im Jahr der Kulturhauptstadt Ruhr gab es »Das schönste Museum der Welt« und »Die Impressionisten in Paris«, jetzt die »Farbenrausch«-Ausstellung. Solche großen Ausstellungen belasten natürlich die Infrastruktur des Hauses. Es geht nun vielmehr darum, mit vorhandenen Mitteln die vorhandenen Orte optimal bespielen zu können.
K.WEST: Sie werden zitiert mit der Absicht, jedes Jahr drei bis vier größere Ausstellungen zu zeigen. Bedeutet dies nicht auch eine gewisse Überbeanspruchung, die Sie doch mit Blick auf ihren Vorgänger kritisiert haben?
BEZZOLA: Bei dieser Äußerung ging es mir um die große Wechselausstellungshalle. Ich möchte, dass dort kontinuierlich große Ausstellungen stattfinden, die den Raum brauchen und füllen können. Stattdessen wurden in den drei kleinen Nebenkomplexen etliche Ausstellungen gezeigt, die einiges an Ressourcen verbraucht haben. Wir kehren das um! Zunächst wird jetzt einmal der große Saal bespielt. Auch mit Klassischer Moderne, aber stärker als zuvor mit Fotografie und zeitgenössischer Kunst.
K.WEST: Essen ist ja bekannt für ein spezielles Sponsoring-Modell: Energiekonzerne treten als Exklusiv-Sponsoren auf. Sie finanzieren große Ausstellungen vor und bekommen ihr Geld anschließend aus den Einnahmen zurück. Ein Variante, die nur mit konventionellen Themen funktioniert, die viel Publikum anziehen. Wollen Sie weiter darauf setzen?
BEZZOLA: Ich finde, da ist nichts Schlimmes dran. Man darf in dieser Hinsicht nicht snobistisch sein. Das Museum hat in dieser Form, in dieser Stadt in dieser Größe schließlich auch einen gewissen Legitimationsbedarf. Es sollte auch ein breites Publikum ansprechen. Sich nicht nur an eine ausgewählte Elite richten. Ich bin da ein Antipurist. Es braucht beides: Schwierige Ausstellungen und Publikumsrenner.
K.WEST: Aber das angesprochene Sponsoring-Modell schränkt das Spektrum an Ausstellungs-Themen doch sehr ein.
BEZZOLA: Ja, mit Thomas Schütte würde dieses Modell nicht funktionieren, da braucht es eine andere Art der Förderung.
K.WEST: Bisher ging es nur um Sponsoren. Welchen Anteil trägt die Stadt?
BEZZOLA: Leider sind wir von der Stadt personell eher knapp ausgestattet. Es fehlt beispielsweise ein Sponsoring-Beauftragter. Das ist heute Standard in einem Museum dieser Größe.
K.WEST: Und wie sieht es mit der finanziellen Ausstattung durch die Kommune aus? Wie viel Geld steht Ihnen aus diesem Topf für Kunst zur Verfügung?
BEZZOLA: Wollte man dieses Museum als Haus der Klassischen Moderne mit einem entsprechenden Ausstellungsprogramm betreiben, dann wäre es unterfinanziert. Wir müssen weg von dem immer noch vorherrschenden Image, dürfen das Museum Folkwang nicht länger zuerst der Klassischen Moderne verpflichtet sehen. Wenn wir sagen, unsere Schwerpunkte sind Fotografie und zeitgenössische Kunst, und da, wo man uns unterstützt, machen wir immer wieder etwas zur Klassischen Moderne – dann stehen wir gar nicht schlecht da. Konzentrierten wir uns aber auf die Klassische Moderne, würden wir allenfalls eine Ausstellung im Jahr stemmen können, die übrige Zeit bliebe unser Haus ziemlich leer. Zumal kaum jemand hierher kommt, um allein den schönen Bestand zu sehen.
K.WEST: Haben Sie den Ehrgeiz, das zu ändern? Vielleicht mehr und jüngere Leute für die Sammlung zu interessieren?
BEZZOLA: Ja, ein Anfang wäre ein Gratis-Tag in der Woche. Außerdem würde ich gerne mehr Veranstaltungen ins Haus holen.
K.WEST: Es braucht also mehr Publicity. Die erhoffte man sich ebenso vom gemeinsamen Auftritt der »Ruhrkunstmuseen«, zu denen auch das Museum Folkwang zählt. Sie selbst sahen sich zuletzt in einem Interview allerdings eher den Häusern am Rhein verbunden. Haben ein Cluster erfunden, das aus Köln, Düsseldorf und Essen besteht.
BEZZOLA: Hintergrund ist, dass es viele internationale Besucher gibt. Qualifiziertes Publikum, das an ein, zwei Tagen alles sehen will, was wichtig ist in der Region. Für die müssen wir ein kommunikatives Element schaffen. Und die Ausstellungen von internationalem Interesse laufen eben nicht nur im Ruhrgebiet, sondern in Köln, Düsseldorf, und in der Bonner Bundeskunsthalle, die ich diesem Kreis ebenfalls zurechnen möchte.
K.WEST: Sind Sie zuversichtlich, dass Sie in diesem Reigen gut bestehen werden – trotz der angesprochenen widrigen Umstände?
BEZZOLA: Ja, absolut.
K.WEST: Einmal ehrlich, steckt hinter Ihren Plänen – vier große Ausstellungen im Jahr – nicht doch auch ein bisschen Träumerei?
BEZZOLA: Überhaupt nicht. Wir machen 2013 ja bereits vier Ausstellungen im großen Saal. Für nächstes Jahr sieht es ähnlich aus. Diese Halle muss zum festen Bestandteil der Identität dieses Hauses werden. Sie sollte immer bespielt werden, mindestens dreimal im Jahr. Das kriegen wir hin – da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen.