Er hat als Konzert-Club Geschichte geschrieben und gilt als Geburtsstätte des Punks in Deutschland. Der Ratinger Hof in Düsseldorf brachte in seiner Glanzzeit Kreative aller Sparten zusammen. Zuletzt war das Lokal geschlossen. Mit dem Concert Team NRW hat sich nun ein neuer Betreiber gefunden, der den Club wachküssen will.
Wenn es in NRW – und womöglich gar in der ganzen Republik – einen Club gibt, der Musik- und Kulturgeschichte geschrieben und beides bis in die Gegenwart geprägt hat, dann ist das der Ratinger Hof in Düsseldorf. Beheimatet mitten in der Altstadt unweit des Rheins, der Kunsthochschule und der Oper, wurde die ehemalige Kneipe in den 1970er und 1980er Jahren zum Hotspot, Treffpunkt und zur Geburtsstätte der Kunst- und Kulturszene schlechthin.
Bands wie Fehlfarben, DAF, Male, S.Y.P.H., KFC und ZK, aus denen später unter anderem Die Toten Hosen hervorgingen, machten den Ratinger Hof zum ersten Punk-Zentrum außerhalb des Punk-Mutterlandes England. Hier traten zudem Szenegrößen wie Wire oder 999 erstmals auf deutschem Boden auf. Hier trafen sich die später die klassische Bandbesetzung bildenden Mitglieder von Kraftwerk, um am Tresen über Kling-Klang-Studio und die Anfänge des Elektro zu sprechen. Und hier gingen bekannte bildende Künstler*innen ein und aus – untern ihnen Joseph Beuys, Jörg Immendorff, Imi Knoebel, Blinky Palermo, Sigmar Polke und Katharina Sieverding.
Vom Stammgast zum Betreiber
Angesichts dieser Historie verwundert es, dass der Ratinger Hof irgendwann ins Trudeln geriet, Publikum verlor, Anfang des neuen Jahrtausends nur noch als schnödes Namens-Anhängsel geführt (»Stone im Ratinger Hof«) sowie immer seltener für Konzerte genutzt wurde. In den vergangenen Jahren lag er nach diversen Insolvenzen schließlich gänzlich brach. Mit dem Concert Team NRW fand sich nach langer Suche endlich ein neuer Betreiber, dessen Mitarbeiter*innen die Musikgeschichte vor Ort weiterführen wollen. Der in Düsseldorf ansässige Veranstalter organisiert seit über 35 Jahren Konzerte in der Region. Und ist dank Geschäftsführer Bernhard (Berni) Lewkowicz, bestens in der Szene vernetzt.
Der 68-Jährige hat die Pioniertage des Ratinger Hofes noch selbst erlebt: »Ich war damals Stammgast, habe das alles verfolgt und bin mit dem Ort wie der Szene seitdem verbandelt.« Auch deshalb wisse er: Es gab und gebe bis heute keinen Ort im Land mit einem solchen Status und einer solchen Historie. Über den »Ratinger« lernte Lewkowicz beispielsweise die heutigen Manager von Bands wie Die Ärzte kennen. Campino, damals noch bei ZK im Einsatz, sowieso. Sprich: »Da entstanden unheimlich viele Kontakte, die ich immer weiter ausgebaut habe.« Und die er heute nutzt, wenn er das auf einen »bunten Musikmix« – allerdings mit Fokus auf Indie, Alternative und Punk – ausgelegte Programm für den Ratinger Hof plant.
Nach einer öffentlichen Ausschreibung und ein paar Jury-Runden übernahmen Lewkowicz und sein Concert Team im Februar dieses Jahres die Geschäfte. Steckten »eine knappe Viertelmillion« vornehmlich aus Förderungen von Stadt, Land und Bund in das Projekt, und brachten den Club auf Vordermann.
Heute passen 250 Besucher*innen hinein, womit der Hof eine wichtige Lücke schließt: In dieser Größenordnung, erklärt Berni Lewkowicz, habe es zuvor keinen Ort für Konzerte in der Landeshauptstadt gegeben. Viele Künstler* seien daher inzwischen nach Köln abgewandert. Ein Unding für Düsseldorf. Aber abgesehen von städtischen Rivalitäten auch ein Unding für einen derart bedeutsamen Ort wie den Ratinger Hof.
Die Eröffnungsshow vor ein paar Wochen spielten die aus der Stadt kommenden Punkrocker Rogers. In absehbarer Zeit gastieren dann Acid Tongue (16.7.), Illegale Farben und die Joseph Boys (beide 6.9.) auf der Hof-Bühne. Zudem lief hier am 6. und 7. Juni das Lovebird Festival, bei dem verschiedene Musik-Genres präsentiert und mit anderen Kunstrichtungen kombiniert wurden. Jazz steht zwar im Mittelpunkt, dominiert das Angebot aber nicht, sondern ist lediglich die Basis für viele Klang-Mixturen: Jazz und HipHop, Jazz und Elektro, Indie, Funk, Soul.
Lewkowicz jedenfalls ist zuversichtlich, was den Neustart angeht: »Man merkt jetzt schon die positive Resonanz von Agenten, Managern und Co.« Er höre immer häufiger Sätze und Anfragen wie: »Ach Mensch, der Ratinger Hof ist wieder zurück? Das ist ja interessant. Können wir bei Euch was machen?« Das zeige doch klar und herrlich: »Der Name lebt weiter.« Und wird das dank Berni Lewkowicz und dem Concert Team NRW auch in Zukunft tun.
RATINGER HOF, RATINGER STRASSE 10, DÜSSELDORF