Die Bochumer Dokumentationsstelle Porta Polonica hat eine wunderbare Graphic Novel herausgegeben, die von einer kaum bekannten historischen Situation erzählt – als es plötzlich eine polnische Stadt mitten in Deutschland gab.
Die in Bochum angesiedelte Dokumentationsstelle Porta Polonica macht nicht nur (Online-)Ausstellungen oder Filme, wie zuletzt über Kafkas letzte Liebe, Dora Diamant, die unter anderem am Düsseldorfer Schauspielhaus spielte. Sie hat kürzlich auch ein spannendes Graphic-Novel-Projekt begleitet: »Maczków« erzählt von einer polnischen Stadt, die einst mitten in Deutschland lag. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs war das für gut drei Jahre Realität: Die Bewohner der Stadt Haren im Emsland mussten 1945 Platz machen für rund 5000 polnische sogenannte Displaced Persons – Kriegsgefangene, KZ-Insassen oder Zwangsarbeiter.
»Maczków« heißt die gezeichnete Geschichte, wie der neue Ortsname, den Haren damals bekam und der auf den polnischen General Stanisław Maczek zurückgeht. Seine Division gehörte nach Kriegsende neben Engländern und Kanadiern zu den Alliierten im nordwestlichen Teil Deutschlands. Während zum Beispiel russische Kriegsgefangene schnell in ihre Heimat zurückkehrten, konnten oder wollten viele der polnischen das nicht, weil ihr Land in der Zwischenzeit zur kommunistischen Sowjetzone gehörte. Sie befürchteten, der Kollaboration verdächtigt oder in Umerziehungslager gesteckt zu werden.
Die Graphic Novel hat eine unmögliche Liebe zum Thema: Anna ist eine aus dem Kriegsgefangenenlager im Emsland befreite Polin und Johann der Sohn eines deutschen Apothekers, der die Stadt verlassen musste. Die Autorin Marta Schwierz, die mit dem Osteuropa-Historiker Rüdiger Ritter zusammengearbeitet hat, erzählt skizzenartig, aber mit wunderschönen Zeichnungen von Greta von Richthofen und vielen eingestreuten historischen Fakten, wie zwischen Anna und Johann trotzdem kurz eine Verbindung entsteht. Eine Liebe, die sie nur in kurzen, geheimen Treffen im Wald und in vielen Briefen leben können. Die Zeit ist schnell über ihren Schauplatz hinweg gegangen: Im August 1948 hieß Maczków schon wieder Haren.
Zum 80. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges findet am 8. Mai im LWL-Museum Zeche Hannover in Bochum eine szenische Lesung aus »Maczków. Eine deutsch-polnische Nachkriegsgeschichte« statt.
»Maczków. Eine deutsch-polnische Nachkriegsgeschichte«, 174 Seiten, BeBra Verlag, 24 Euro