Nicht nur die Landesregierung erhöht überraschend den Etat für 2026: Auch Kulturstaatsminister Wolfram Weimer kann mehr ausgeben und sogar Kommunen in NRW planen mit zusätzlichen Mitteln.
NRW-Kulturministerin Ina Brandes (CDU) war sichtlich zufrieden, als sie den Abgeordneten im Kulturausschuss des Düsseldorfer Landtages Mitte November ihren neuen Etat-Entwurf für 2026 präsentierte. Kein Wunder: Es gibt – anders als ursprünglich geplant – mehr statt weniger Geld. Zur Begründung hieß es, die Herbst-Steuerschätzung von Ende Oktober habe „neue Finanzierungsspielräume eröffnet“. Damit stehen der Ministerin im kommenden Jahr 318 Millionen Euro zur Verfügung, so viel wie zuletzt 2023.
Mit den zusätzlichen Mitteln will sie die ab Januar geltenden Mindesthonorare für freie Künstler*innen sowie neu strukturierte Förderprogramme für die Soziokultur und den Film unterstützen. Alle zuvor angekündigten Kürzungen würden zurückgenommen, erklärte Brandes darüber hinaus. Für bereits gefallene Entscheidungen zur Spitzen- und Exzellenzförderung im Freien Theater gilt das allerdings nicht: Es bleibt bei der reduzierten Zahl von Geförderten, weil das Vergabeverfahren bereits abgeschlossen sei, erklärte ein Sprecher des Kulturministeriums.
Aus dem Minus ist ein Plus geworden
Aus dem »Minus, das keiner merken soll«, von dem in der vorherigen kultur.west-Ausgabe noch die Rede war, ist nun also ein Plus geworden. Und bemerkt hat es auch jede*r, nicht nur in Nordrhein-Westfalen, denn die positiven Reaktionen reichten von Berlin bis Bayern. Viele Akteur*innen appellierten an ihre eigenen Regierungen: Wenn selbst das finanziell gebeutelte NRW seine Kulturausgaben nicht kürzt, sondern sogar erhöht, dann muss es doch auch bei uns möglich sein.
Das Sahnehäubchen auf die zahlreichen Referenzen setzte der kulturpolitische Oppositionsführer im NRW-Landtag, Andreas Bialas. In seiner Rede vor dem Kulturausschuss dankte er Ina Brandes mehrfach und zollte ihr auch Respekt dafür, das Versprechen eingelöst zu haben, für die Kultur im Land zu kämpfen und Strukturen zu erhalten: Die Erhöhung des Etats im dritten Jahr der Wirtschaftskrise sei alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Im Gegenzug dankte sie wiederum ihm für die faire Geste nach seiner teils heftigen Kritik im Laufe des vergangenen Jahres. Ähnlich warmherzige Szenen wurden in Berlin nicht beobachtet, obwohl auch der Kulturetat des Bundes kräftig ansteigt.
Nachdem bereits im Haushaltsentwurf der Regierung vom Sommer ein Ausgabenplus für Kulturstaatsminister Wolfram Weimer vorgesehen war, legten die Abgeordneten der Regierungsfraktionen in der sogenannten Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses Mitte November nochmal einige Millionen obendrauf. Am Ende stehen Gesamtausgaben von 2,5 Milliarden Euro; ein Plus von gut 10 Prozent. Die Hälfte der zusätzlichen Mittel fließt in die neugestaltete Filmförderung des Bundes, weitere hohe Summen sind für Bauprogramme und die laufende Reform der Stiftung Preußischer Kulturbesitz vorgesehen (die trotzdem unterfinanziert bleibt).
Für nordrhein-westfälische Projekte und Künstler*innen von Bedeutung ist die Aufstockung der verschiedenen Bundeskulturfonds, von der Darstellenden und Bildenden Kunst über Literatur und Musik bis zur Soziokultur. Letztere war im ursprünglichen Etatentwurf Weimers übrigens als einzige gekürzt worden, um eine Million Euro. Gerüchten zufolge handelte es sich dabei um eine persönliche Entscheidung des Kulturstaatsministers. Die Haushälter der Regierungsfraktionen setzten nun zumindest ein kleines Zeichen dagegen und nahmen ein Drittel dieser Kürzung zurück. Und auch für den Bundeskulturetat gilt: Ein Plus in dieser Höhe war nicht selbstverständlich, auch weil die Mittel der sogenannten Sondervermögen explizit nicht für den Kultursektor vorgesehen sind.
Etat-Erhöhungen in den Kommunen
Noch überraschender ist die Situation auf der untersten staatlichen Ebene, in den Kommunen. Während die Kulturszene selbst vielerorts die zur Folklore gewordene Erzählung von der ewigen Kürzung aufrecht erhält, sprechen die Zahlen in NRW (noch) eine andere Sprache. Von den 23 Großstädten hierzulande wollen immerhin 13 ihren Kulturetat auch in 2026 wieder erhöhen. Köln plant sogar mit rund zehn Prozent mehr, was allerdings maßgeblich mit der geplanten Rückkehr von Schauspiel und Oper in die über mehr als ein Jahrzehnt lang sanierten Stammhäuser am traditionsreichen Offenbachplatz zu tun hat. Fünf weitere Kommunen wollen ihre Ausgaben stabil halten oder planen nur mit einem geringen Minus. Das klingt allerdings besser, als es tatsächlich ist, weil Inflation, steigende Löhne und Gehälter sowie die ab Januar geltenden Honoraruntergrenzen für freie Künstler*innen mitunter hohe Mehrkosten verursachen.
In einigen Fällen ist die Entwicklung offen: unter anderem in Gelsenkirchen, Hamm, Herne, Leverkusen und Münster sind die Haushaltsentwürfe für 2026 noch in Arbeit. Vom vielfach befürchteten Kahlschlag in der NRW-Kultur kann bislang also keine Rede sein – von der 50-prozentigen Erhöhung des Landeskulturetats, die CDU und Grüne 2022 in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatten, allerdings ebenso wenig. Nach den Kürzungsdebatten vor einem Jahr hatte die Kulturministerin angekündigt, nur noch »auf Sicht zu fahren« und nicht Monate im Voraus harte Entscheidungen zu treffen, die sich aufgrund einer besseren finanziellen Situation später als unnötig erweisen könnten. Diese Strategie hat sich – anders als von vielen befürchtet und kritisiert – im Nachhinein als weitgehend richtig erwiesen. Eine dauerhafte Entwarnung ist damit aber nicht verbunden: Wenn der Konjunkturmotor im nächsten Jahr nicht wieder anspringt, sieht es für 2027 düster aus. Für die Landesregierung gilt das in doppelter Hinsicht: Im Mai 2027 wird in NRW gewählt.






