Die Welt der Bühne ist eine Welt der Männer. Darüber wird am 2. und 3. November 2018 in Düsseldorf diskutiert. Ein Interview.
Wer leitet eigentlich Theater? Wessen Stücke werden am häufigsten aufgeführt? Die Welt der Bühne ist (auch) eine Welt der Männer. Noch. Denn die Debatten um eine gerechtere Geschlechterverteilung hat längst die darstellende Kunst erreicht. »Wonderlands“ heißt ein Symposium des Frauenkulturbüro NRW in Zusammenarbeit mit dem Schauspielhaus Düsseldorf, bei dem es am 2. und 3. November um »Führungspositionen in den Performanig Arts« geht. Zwei Tage lang wird im Central (Kleine Bühne) über Diversity, Karriereplanung und Machtstrukturen diskutiert. Kultur.West hat im Vorfeld mit der künstlerischen Projektleiterin Frauke Meyer gesprochen.
kultur.west: Frau Meyer, wie hoch ist der Frauenanteil in der Theater-, Tanz- und Opernwelt? Gibt es dazu genaue Zahlen?
MEYER: Der Deutsche Kulturrat hat 2016 die Studie »Frauen in Kultur und Medien« herausgebracht, die die Verhältnisse und Veränderungen seit 1994 zeigt. Von daher arbeiten wir mit recht genauem Datenmaterial. Durchschnittlich liegt der Frauenanteil in sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen am Theater bei 44 Prozent. Interessant ist allerdings die Verteilung. Die Sparte Regie ist mit 70 Prozent und bei den Inszenierungen auf großen Bühnen sogar mit 78 Prozent männlich dominiert. Doch 66 Prozent der Absolventinnen verlassen die Hochschulen im gleichen Fach. So stellt sich die Frage, wo sind die? 2013/2014 wurden nur 20 Opernkomponistinnen gegenüber 291 Opernkomponisten aufgeführt. Im Schauspiel ist es ähnlich: 2013/2014 wurden 340 Autorinnen im Gegensatz zu 1402 Autoren gespielt. Hier gibt es Diskrepanzen in allen Genres.
kultur.west: Wie sieht es in der Führungsebene aus?
MEYER: Nicht viel besser. 78 Prozent der Intendanzen und Spartenleitungen sind männlich besetzt. Auch die Musikvorstände wie Dirigenten oder Chorleiter sind zu 78 Prozent Männer. Die Intendanzen und Leitungen der Rundfunk- und Sinfonieorchester waren 2014 komplett männlich. Frauen sind in Kunst und Kultur längst noch nicht gleichberechtigt.
kultur.west: Der Bereich der darstellenden Kunst ist stark von Rollen geprägt. Man denke nur an die Primaballerina oder den Dirigenten, der im wahrsten Sinne des Wortes den Ton angibt. Glauben Sie, dass sich solche Muster in den nächsten Jahren ändern werden?
MEYER: Wir werden diese Rollen und Muster aufbrechen müssen, wenn die Theater und Opern weiterhin als gesellschaftlicher Spiegel und Impulsgeber relevant sein wollen. Die gesellschaftliche Vielfalt muss auch in den Kulturinstitutionen spürbar sein und abgebildet werden, denn nur so werden diese Institutionen zukunftsfähig bleiben.
kultur.west: Müsste es aus Ihrer Sicht eine Frauen-Quote an den Theaterhäusern in NRW geben?
MEYER: Die meisten Institutionen werden wesentlich von Kommunen oder dem Land getragen – sie tragen die politische Verantwortung zur gleichberechtigten Teilhabe von Frauen in Führungspositionen mit. Etwa durch die Art und Weise, wie Gremien besetzt sind. Eine diverse Findungskommission würde schon aus einem ganz anderen Pool auswählen. Anonymisierte Bewerbungsverfahren sind ein probates Mittel, ebenso wie neue Führungsmodelle, die auch Jobsharing zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf zulassen. Und ja, auch die Quote wäre ein Mittel, hervorragende Frauen gleichberechtigt partizipieren zu lassen. Doch unabhängig davon gilt es, Vorurteile zu hinterfragen, um überhaupt eines zu schaffen: die Möglichkeit zum Dialog.