»Das andere Kino« wurde die Bewegung genannt, die in den 60er Jahren international eine Nische besetzte. In Deutschland war sie klein, aber blieb nicht ohne Einfluss. Zu der Handvoll westdeutscher Filmemacher*innen gehörte Dore O., deren Name zumeist in einem Atemzug mit Werner Nekes genannt wird. Mit ihm bildete sie künstlerisch und privat eine Zeit lang ein (Ehe-)Paar. Die Doppelbenennung ist richtig, aber wird ihr nicht gerecht. Dore O., die Design in Krefeld und Malerei in Perugia und Hamburg studiert hat und auch als Fotografin und Malerin kreativ gewesen ist, war eigenständig. Auch sie interessierte sich für das Medium Film selbst, seine Eigenschaften, Möglichkeiten, Bedingungen, Strukturen, Wirkungen, auch sie war eine Erforscherin des Filmbildes.
Die Avantgardisten des Films waren unabhängig, nicht-kommerziell, dem Experiment gegenüber offen. Geboren 1946 in Mülheim an der Ruhr, hat die Künstlerin Dore O. »den Traum meiner selbst« gestaltet und »Konsequenzen aus dem Akt mit der Gesellschaft gezogen«: spielerisch, spontan, zauberisch, mehr sinnlich als ordentlich, Diskontinuitäten erzeugend, mit Verfremdung, etwa Mehrfachbelichtungen oder durch Kolorierung und die Tonmontage, arbeitend und innerer Logik und der Intuition folgend. Sie machte seit ihrem Debüt »Alaska« (1968) bis zu »Eye-Step« (2000) auf eine Weise Filme, wie Virginia Woolf ihre Literatur schrieb: Träumerisch, halluzinatorisch, lyrisch und innerlich erzeugte sie ihr Ich-Material.
Vielfach ausgezeichnet sowie Teilnehmerin an der documenta 5 und 6 in Kassel, verband Dore O. auch eine lange Geschichte mit den Oberhausener Kurzfilmtagen. Für »jüm-jüm« erhielten sie und Nekes, die gemeinsam Regie, Kamera, Drehbuch und Ausstattung verantworteten, 1970 das Filmband in Silber. Weitere Preise folgten, darunter für »Kaskara« der Große Preis des Festivals von Knokke, und wiederum in Oberhausen für »Blinman’s Ball«. Erst jüngst war sie mit dem Ehrenpreis der deutschen Filmkritik gewürdigt worden. 75-jährig ist Dore O. (mit bürgerlichem Namen: Oberloskamp) nun in ihrer Geburts- und Heimatstadt gestorben.