Fest in ihrer Stadt verankert sind alle für den *Weststern nominierten Kunstvereine. Einige aber erklären die Umgebung zur Bühne. Wie in Arnsberg, Siegen und Lippstadt.
Fest in ihrer Stadt verankert sind alle für den Weststern nominierten Kunstvereine. Einige aber erklären die Umgebung zur Bühne. Oder sie holen die Stadt zu sich hinein. Wie in Arnsberg, Siegen und Lippstadt
Kunstverein Arnsberg
Gründung: 1987
Mitglieder: 105
Hauptamtlich Mitarbeitende: 3
Fremde Blicke auf Vertrautes: Arnsberg
Kunst für die, aber nicht unbedingt aus der Region – dafür steht der Kunstverein Arnsberg. Von Anfang an hatte er das Ziel, überregionale Kunst zu zeigen. Das ist bis heute so, regelmäßig werden internationale Gäste etwa aus Asien oder Südamerika ins Sauerland geholt. Sozusagen ins Herz der Stadt, denn der Kunstverein liegt direkt am Marktplatz, im historischen Stadtzentrum, das einheitlich im Stil des preußischen Klassizismus errichtet wurde. Untergebracht ist er in der ersten Etage eines Hauses nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel. Hinzu kommt das Lichthaus, ein postmoderner Pavillon vom Kölner Architekturbüro Kalhöfer + Korschildgen, nur ein paar Gehminuten entfernt. Ein großer, heller Raum – wie geschaffen für Installationen. »Wenn die Künstler*innen aus São Paulo, aus Chile, aus China zu uns kommen, haben sie oft gleich Ideen, was man im öffentlichen Raum oder rund um den Kunstverein machen könnte«, erzählt Direktorin Pauline Doutreluingne, »oder sie machen oft Projekte im Wald oder im Fluss«. An ihr ist es dann, Wege zur Umsetzung zu finden.
Die gebürtige Belgierin packt gern selbst mit an – auch deshalb kam sie vor Jahren nach Arnsberg: »Mich hat gerade gereizt, dass man hier Projekte außerhalb der vier Wände machen kann. Dass man ermöglichen kann, was erstmal unmöglich scheint. Und dass man die Freiheit hat, Sachen auszuprobieren, zu experimentieren, gerade weil es ein relativ kleiner Kunstverein ist.« Inhaltlich widmet sie sich derzeit der »Versumpfung«, die Ausstellungen dieses und des vergangenen Jahres stehen unter diesem Oberthema. Das ist durchaus lokal und aufgrund der zunehmenden Trockenheit hochaktuell: eine Auftaktveranstaltung beschäftigte sich mit der Renaturierung der Ruhr, der Schwammwald in der Umgebung von Arnsberg ist Thema und in einem Symposium wurde die Kunst mit Wissenschaftler*innen zusammengebracht.
In der Reihe »Versumpfung« untersuchen vom 12. September bis 16. November 2025 Elise Eeraerts und Roberto Aparacio Ronda die Welt des Sumpfes.

Kunstverein Siegen
Gründung: 1980
Mitglieder: 400
Hauptamtlich Mitarbeitende: 1
Unterwegs mit dem Bus oder unter die Erde: Siegen
Auch der Kunstverein Siegen hat zuletzt ein Projekt mit Wissenschaftler*innen gemacht. Im Rahmen der Ausstellung »h₁ésh₂r̥« vergruben die Künstlerinnen Peles Duo eine Skulptur an der historischen Ausgrabungsstätte Gerhardsseifen, einer eisenzeitlichen Verhüttungsstätte im Siegerland. Ganz hintersinnig wurde daraus eine umgekehrte Plastik, die dem Blick entzogen wird – und das sehr zur Freude der Archäolog*innen, mit denen gemeinsam der Platz ausgewählt wurde. Auch sonst verlässt der Kunstverein häufig seinen Ausstellungsraum in der Oberstadt, direkt gegenüber dem Rathaus, etwa indem er Videoarbeiten in einem ehemaligen Eisenerzstollen zeigt. Schon allein aus einem ganz praktischen Grund: Sie müssen sich die Räume mit der Städtischen Galerie teilen und können ihn nur ein halbes Jahr nutzen. Für die Direktorin des Kunstvereins, Jennifer Cierlitza, gibt es aber noch künstlerischen Beweggründe: »Unser Ziel ist es, neue Perspektiven auf die Stadt zu ermöglichen, neue Blickrichtungen und auch mit der Stadtgesellschaft gemeinsam zu arbeiten.«
Im Zweiten Weltkrieg wurde Siegen zu 80 Prozent zerstört. Die Altstadt wurde wieder aufgebaut, echte historische Gebäude sind aber nur noch wenige erhalten, dafür gibt es so ziemlich jedes Experiment in Beton der 1960er Jahre. Eine Stadt, deren Besonderheiten man finden muss. Dazu tragen die Installationen oder Performances im öffentlichen Raum des Kunstvereins bei, dazu gibt es Stadtspaziergänge und künstlerisch begleitete Touren mit dem Hübbelbummler, einem nostalgischen Bus, der es einfacher macht, das hügelige Siegen zu erkunden. Lokale oder regionale Projekte, mit überregionalen oder internationalen Künstler*innen, die neue Perspektiven für die Siegener*innen eröffnen. Das diese Aktionen überhaupt möglich sind, sei auch der Größe der Stadt zu verdanken, meint Jennifer Cierlitza – genau an der Grenze zur Großstadt gebe es die notwendigen kurzen Wege und eine gute Vernetzung, aber auch den Gestaltungsspielraum, Neues zu entwickeln und die Offenheit, diese anzunehmen.

Kunstverein Lippstadt
Gründung: 1989
Mitglieder: 100
Hauptamtlich Mitarbeitende: 0
Treffpunkt Kunstverein: Lippstadt
Auf vielfältige Art verzahnt mit der Stadt ist der ehrenamtlich geführte Kunstverein Lippstadt. Schon die im Auftrag der Stadt organisierte Malschule sorgt fast jeden Tag dafür, dass hier Leben ist, vom Grundschulkind bis zur Mappenvorbereitung zum Kunststudium. Zwar hat die Malschule eigene Räume, aber sie ist auf einer Ebene mit dem Ausstellungsraum, so dass sich die Kinder jederzeit Inspiration holen können. »Wir sind die Kulturkernzelle der Stadt«, sagt Philipp Uthmann, der zweite Vorsitzende. Jeder sei hier willkommen, »solange er einen künstlerischen Anspruch mitbringt, den er hier auch gleich auslegen kann.«
Dazu hat der Kunstverein »Acht-Tages-Projekte« eingeführt: Zwischen den großen Ausstellungen können die Bürger*innen den Raum acht Tage nutzen. Der Kunstverein bietet aber auch anderen Vereinen der Stadt Obdach, einem, der sich der Rockmusik widmet, einem, der im Bereich Jugendkultur unterwegs ist und einem Poetry-Slam-Verein, der seine Wettbewerbe in der Galerie veranstaltet. Sie unterstützen sich gegenseitig bei Veranstaltungen und bringen neues Publikum. Franz-Josef Laforet war schon bei der Gründung des Kunstvereins 1989 dabei, wollte einfach unterstützen, »Bilder an die Wand zu bringen« – und ist seit 2016 erster Vorsitzender. Er bildet nun eine Doppelspitze mit Philipp Uthmann, der zum Zeitpunkt der Gründung noch ein Baby war. Eine besondere Kooperation mit jungen Menschen gibt es über den Kunst-Leistungskurs, der in Lippstadt immer an einem Gymnasium zusammengezogen wird. Die Schüler*innen besuchen den Kunstverein, stellen aber auch in ihm aus. »Sie erfahren dann die komplette Arbeit, die eine Galerie zu leisten hat mit ihren eigenen Werken«, sagt Franz-Josef Laforet. Dazu ist der Kunstverein auch außerhalb seiner vier Wände unterwegs – im wahrsten Sinne des Wortes: Auf der »Wakubü« – einer wandelnden Kulturbühne. Einem Autoanhänger, der zu den Menschen kommt, mit Kunst, Kultur und Musik.
Bis 12. Oktober 2025 verwandelt Richard Helbin im Kunstverein Lippstadt traditionelle textile Techniken wie Klöppeln, Sticken, Weben oder Häkeln in zeitgenössische Kunst.