13 Kunstvereine aus NRW waren für den Weststern Förderpreis nominiert. Wir stellen sie vor. Diesmal Düsseldorf, Bonn und Münster.
Immer aktuell, in der Auseinandersetzung mit der Gegenwart – und im Spannungsfeld mit der Tradition, die sie mit sich tragen: Aus ihrer Geschichte nehmen Kunstvereine einiges mit in die Gegenwart. So wie in Düsseldorf, Bonn und Münster.
Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen, Düsseldorf
Gründung: 1829
Mitglieder: 2500
Angestellte: 6
Der älteste Kunstverein in NRW: Düsseldorf
Fast 200 Jahre ist er alt, der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen in Düsseldorf. »Durch die Tradition ergibt sich eine Zuversicht, dass er auch die Herausforderungen, die in Zukunft noch anstehen, überleben wird«, blickt Direktorin Kathrin Bentele auf die Geschichte des ältesten Kunstvereins in NRW, gegründet 1829 von Künstler*innen und Professoren rund um die schon damals gewichtige Kunstakademie. Er wurde schnell sehr erfolgreich und förderte die aktuelle Düsseldorfer Kunst: Es entstanden zahlreiche Werke für öffentliche Gebäude, für Plätze oder Friedhöfe weit über die Stadt hinaus – finanziert aus den Beiträgen der Mitglieder.
Auch heute noch geht es um die aktuelle Kunst, Kathrin Bentele versteht ihn als einen Ort der Produktion, an demsie neue Arbeiten in Auftrag gibt und wo Neues entstehen kann. »Wir machen Setzungen, gerade auch in der Auseinandersetzung mit unserer Zeit und mit Zeitgenossenschaft, die die Widersprüchlichkeiten und Komplexitäten unserer Gegenwart herausarbeiten.« Dabei hilft nach wie vor die enge Verbindung zur Kunstakademie: Zwei Stipendien vergibt der Kunstverein an Studierende, ein Reisestipendium und ein Atelier-Stipendium und es werden immer wieder Ausstellungen ehemaliger Studierender gezeigt. Sie sind auch eifrige Besucher*innen des Kunstvereins – wobei in Düsseldorf das gleiche Problem herrscht, wie in so vielen anderen Ausstellungshäusern: junge Besucher*innen gibt es, eine Mitgliedschaft in einem Verein aber scheint entweder nicht mehr zeitgemäß zu sein oder steht in zu großer Konkurrenz zu anderen Abos und Mitgliedschaften. Die ältere Generation hingegen sei beigetreten, »weil es zum guten Ton und zur kulturellen Bildung gehörte«, so Bentele. Sehr viele Mitglieder hielten dem Kunstverein seit 50, 60 oder gar 70 Jahren die Treue, weil sie sich für zeitgenössische Kunst interessierten und ihn als einen Ort verstünden, an dem sie neue Tendenzen kennenlernen könnten. Dieser befindet sich in der oberen Etage eines brutalistischen Betonbaus von Konrad Beckmann und Günter Brockes in der Innenstadt, über der Kunsthalle. Die Ausstellungseröffnungen würden sie gemeinsam feiern, »durch die unterschiedlichen Profile sprechen wir unterschiedliche Menschen an«, erklärt Bentele, »und dadurch haben wir sozusagen ein doppeltes Publikum«. Mit diesen Vorzügen des gemeinsamen Hauses ist es allerdings im kommenden Jahr erstmal vorbei, das Gebäude aus dem Jahr 1967 wird saniert und die Institutionen müssen in ein Interim ziehen. Diese Aufgabe wird Nachfolgerin Gloria Hasnay bewältigen müssen, denn Bentele wechselt im Oktober als Leiterin der Kunsthalle Friart in Fribourg in der Schweiz.
Vom 14. September 2025 bis 11. Januar 2026 ist eine Ausstellung von
Cecilia Bjartmar Hylta und Samuel Hindolo zu sehen.

Bonner Kunstverein
Gründung: 1963
Mitglieder: 1000
Hauptamtlich Mitarbeitende: 5
Aufgebaut auf Demokratie: Bonn
Rund 130 Jahre jünger als der Kunstverein in Düsseldorf ist der in Bonn. Aufgrund des Ortes seiner Gründung trägt er aber jede Menge Geschichte in sich: Zwar sind Kunstvereine von Grund auf demokratische Einrichtungen, ein Verein am Ort der Demokratie aber ist etwas ganz Besonderes: »Wir haben hier die außergewöhnliche historische Situation, dass die Stadt Bonn zur Bundeshauptstadt gewählt wurde und es einen sehr schnellen Zuwachs gab an Personen, die an der Demokratie und Gesetzgebung gearbeitet haben«, erzählt Viktor Neumann, der das Haus seit März 2025 leitet. Dadurch sei ein großes Bedürfnis entstanden, einen Kunstverein für Bonn zu gründen. 1963 war das, anfangs zeigte man abwechselnd Klassische Moderne und zeitgenössische Kunst, womit der Kunstverein einer der ersten Ausstellungsräume war, in dem überhaupt aktuelle Kunst in Bonn zu sehen war.
So war es auch im ersten Statut verankert: danach sollte der Bonner Kunstverein den vielen Zugezogenen die junge Kunst nahebringen und eine Plattform für lokale Künstler*innen sein. Dies geschah zunächst an wechselnden Orten, erst 1979 bekam der Verein ein eigenes Domizil, seit 1987 ist er in einer ehemaligen Blumenhalle untergebracht. 800 Quadratmeter, die es zu füllen gilt.
»Das bedeutet sowohl eine Chance, aber auch Herausforderung im Umgang mit Monumentalität«, sagt Viktor Neumann. Bislang wurden meist Einbauten in die Halle hineingestellt, die Kunst in Räumen präsentiert, die nichts von der Übergröße der Halle erahnen lassen. Dies müsse in Zukunft aber nicht so bleiben, meint Neumann. Und sein künftiges Programm? Auch das bezieht sich Inhaltlich auf die historische Bedeutung Bonns für die Demokratie in Deutschland. Ein Kunstverein als Ort des Experiments und der Reflexion müsse Fragen stellen »zu Repräsentation, zu Öffentlichkeit, zu Teilhabe, zu Zugänglichkeit, all das, was Demokratie hier auch bedeuten sollte«. Gleichzeitig gebe es die Möglichkeit, den Kunstverein als einen Raum zu etablieren, der vielleicht andere Ideen von Zusammensein und Öffentlichkeit erproben könne – und der Gastfreundschaft und Zugänglichkeit praktiziere.
So wirkt die Geschichte der Stadt weiter im Programm des Kunstvereins fort, der zwar lange nicht so alt ist, wie die in Münster und Düsseldorf, aber doch über einige Besonderheiten verfügt: Er verfügt über ein Atelierhaus ganz in der Nähe und vergibt jährlich das Peter Mertes Stipendium, das den Austausch mit Kunstschaffenden ermöglicht. In einer Artothek mit über 2000 Werken können sich Mitglieder für einige Monate Werke für zu Hause ausleihen. »Für viele Personen ist das der erste Umgang mit Kunst in ihren Privaträumen«, meint Viktor Neumann, »da kann man noch mal ganz anders mit Kunst über die Welt nachdenken«.

Westfälischer Kunstverein Münster
Gründung: 1831
Mitglieder: 1000
Hauptamtlich Mitarbeitende: 4
190 Jahre Sammlungsgeschichte: Münster
Nicht zum Ausleihen sind die Kunstwerke, die der Westfälische Kunstverein in Münster in seiner 2500 Werke umfassenden Sammlung hat. Viele davon sind kirchlich, stammen aus dem Mittelalter – was selbst bei Gründung des Vereins keine aktuelle Kunst war. Grund dafür ist die Säkularisation, bei der Anfang des 19. Jahrhunderts viele Kirchen und Klöster aufgelöst und die darin enthaltenen Kunstwerke herrenlos wurden. Münsteraner Bürger*innen entschlossen sich, diese zu retten und gründeten 1831 den Kunstverein zu Münster. Ausgeliehen sind die Werke aber doch, an das LWL-Museum für Kunst und Kultur – mit sehr langer Leihfrist allerdings.
Bereits 1908 beschloss man, zusammenzuarbeiten, denn das Museum hatte Ausstellungsräume, aber keine Sammlung und der Kunstverein die Kunst, aber keine Möglichkeit, sie zu zeigen. Noch heute sind der Kunstverein und das Museum eng aneinander geknüpft, befinden sich in einem Gebäude mit separaten Eingängen und bespielen gemeinsam das »Radar«-Fenster zwischen Kunstverein und dem Museum mit aktueller Kunst. »Das ist eine Frage, die mich aktuell sehr beschäftigt, wie wir uns zukünftig als Institution der zeitgenössischen Kunst in Dialog setzen mit dieser Sammlung, die bis ins 10. Jahrhundert zurückgeht«, sagt die Direktorin des Westfälischen Kunstvereins Theresa Roessler. Gesammelt wird weiter, immer wieder schenken Künstler*innen, die hier ausstellen, ihre Werke. »Das ist eine große Besonderheit für alle Künstler*innen, die gerade anfangen, in der Sammlung vertreten zu sein. Auch mit dem Ausblick, dass die Arbeit vielleicht mal im Kontext einer Ausstellung im Museum gezeigt oder verliehen wird«, so Roessler. Seit einem Jahr leitet sie den traditionsreichen Kunstverein, dessen Geschichte sie in ihrer Arbeit auch befragen möchte, um daraus Neues entstehen zu lassen. Kunstvereine und Demokratie – das hängt auch für sie eng zusammen: »Da sehe ich das größte Potenzial für das 21. Jahrhundert: in welchen Räumen ist es noch möglich, dass Widersprüchlichkeiten ausgehandelt werden, dass man etwas sieht, was man so noch nicht gesehen hat, dass man so völlig auf den Kopf gestellt wird.«
Bis 5. Oktober 2025 ist mit »In the Underbelly of a Kernel« die erste
institutionelle Einzelausstellung außerhalb Kanadas von Eve Tagny zu sehen.