… sind unsere Correctiv-Recherchen über ein Potsdamer Geheimtreffen der AfD, gegen deren Inhalte deutschlandweit hunderttausende Menschen demonstriert haben. Uns war klar, dass das Ganze eine ziemlich harte Geschichte sein würde, weil das, was da besprochen wurde, hart ist: Millionen von Menschen mit Migrationshintergrund sollen nach Plänen der AfD aus Deutschland vertrieben werden. Mit Diskussionen daraufhin hatten wir immer gerechnet, auch in einem Verbotsverfahren. Aber dass das Ganze so viele Menschen derart in Bewegung bringen würde, im wahrsten Sinne des Wortes, davon konnte keiner ausgehen.
Endlich haben viele Menschen im Land verstanden, dass die Demokratie keine gottgegebene Sache ist, sondern eine von ihnen gemachte. Das ist extrem wichtig. Weil Menschen Dinge verändern können. Zum Schlechten, wenn es nach den Faschisten in der AfD geht. Aber eben auch zum Guten, dafür gehen jetzt Hunderttausende auf die Straße.
Ich selbst war bislang in Essen und Bottrop auf Demonstrationen und freue mich unglaublich über die Resonanz. Vor allem aber auch darüber, dass sich die Leute überall dezentral organisiert haben. In Berlin auf die Straße zu gehen, ist schließlich einfacher als in einem Dorf mit ein paar tausend Einwohnern.
»Angst darf meine Arbeit nicht beeinflussen.«
David Schraven
Seitdem wir die Recherchen veröffentlicht haben, sind unsere Standorte in Essen und Berlin mehrfach bedroht worden, aber wir stehen in engem Kontakt mit den Behörden, die unser Büro unter Objektschutz gestellt haben. Angst darf meine Arbeit nicht beeinflussen. Wir haben in diesem und im nächsten Jahr Wahlen, die das Schicksal unseres Landes bestimmen werden. Viele haben durch die Vorkommnisse verstanden, was die Faschisten in der AfD wirklich wollen. Diese Massenvertreibungen gilt es unter allen Umständen zu verhindern. Vielleicht klappt es, und der Verbotsantrag der AfD wird geprüft. Solche Entwicklungen sind natürlich auch eine Bestätigung unserer Arbeit, und das fühlt sich gut und richtig an. Dass die AfD jetzt versucht, uns infrage zu stellen, ist normal: Wenn man eine große Recherche macht, dann geht die Seite, der diese Recherche nicht passt, mit allem, was es an juristischen Mitteln gibt, dagegen vor. Ehrlich gesagt, finde ich das normal – wir sind ja auch kein Atomkraftwerk, wir können Fehler machen. Jetzt wird genau nachgeprüft, ob die Inhalte ordentlich recherchiert sind. Ich kann nicht ausschließen, dass der Streit, der nun mit der AfD ansteht, lange dauern wird. Aber dass er kommen würde, war uns klar. Ich bin es gewohnt, dass es solch ein Infragestellen gibt. Wir haben uns gut vorbereitet und abgesichert. Wir haben tonnenweise Quellen. Wenn die AfD gegen uns vor Gericht zieht, kein Problem – wir können alles gut belegen. Und wir streiten uns lieber jetzt mit ihnen, wenn unser Rechtsstaat noch besteht, als später, wenn die AfD womöglich an der Macht ist.
Aufgezeichnet von Annika Wind
Name: David Schraven
Beruf: Publisher des Medienhauses Correctiv
Alter: 53 Jahre
Wohnort: Bottrop
David Schraven hat das Investigativ-Ressort der WAZ-Gruppe geleitet, bei der taz, der Süddeutschen Zeitung und der Welt gearbeitet, den Blog ruhrbarone.de und 2013 Correctiv gegründet. Im Januar 2024 veröffentlichte sein Recherchenetzwerk, das Sitze in Essen und Berlin hat, Inhalte eines Geheimtreffens der AfD in Potsdam und menschenverachtende Pläne der Partei. Seitdem gehen überall im Land Menschen für Toleranz und Demokratie auf die Straße – zuletzt allein 100.000 in Düsseldorf, 30.000 in Köln und Dortmund oder 20.000 in Münster.