Nein, unter geht sie nicht. Nie mehr. Nicht nur, weil Nene inzwischen Bademeisterin ist. Sondern weil ihr das Leben bereits einige Lektionen gelehrt hat – über eine traurige Kindheit, einen schwierigen Vater, aber auch das Glück, langsam ihre eigenen Bahnen zu ziehen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Als sie eines Tages allerdings den behinderten, arbeitslosen Boris im Schwimmbad kennenlernt, beginnt eine raue Liebesgeschichte. Und damit »Nordstadt« (bei Steidl), das großartige Debüt von Annika Büsing, mit dem sie nun auf der Shortlist des Literaturpreises Ruhr gelandet ist.
Seit 1986 werden vom Regionalverband und dem Literaturbüro Ruhr Schriftsteller*innen gewürdigt, die im Revier leben oder darüber schreiben. 53 Werke waren in diesem Jahr für die Auszeichnung gesichtet worden, die im Zeitraum vom 1. Mai 2021 bis 30. April 2022 erschienen sind. Zu ihnen gehörte auch das Buch von Andreas Fischer, in dem er über drei Generationen und 100 Jahre hinweg die Geschichte seiner Familie aus Gelsenkirchen und von Oma Lena erzählt: »Die Königin von Troisdorf – wie der Endsieg ausblieb« (erschienen im eschen 4 verlag).
Zur Jury gehörten diesmal Christa Becker-Lettow vom RVR, die Journalistin Cathrin Brackmann, der Buchhändler Patrick Musial, die Bloggerin Karla Paul und die Literaturwissenschaftlerin Prof. Dr. Alexandra Pontzen von der Universität Essen-Duisburg. Sie setzte auch einen der wichtigsten Kinderbuchautoren der Region auf ihre Favoritenliste: In »Coco Stolperbein« (im Insel Verlag) erzählt Jörg Hilbert von einem kleinen Mädchen, das seine Nachbarschaft gehörig durcheinander bringt. Und, wie schon in seinen wunderbaren »Ritter Rost«-Geschichten, einiges über Toleranz, Vielfalt und Freundschaft lehrt.
Von einer Rückkehr ins Ruhrgebiet handelt Hilmar Klutes Roman – und der rettenden Kraft des Lesens. Denn in »Die schweigsamen Affen der Dinge« (Galiani) geht es auch um sozialen Auf- und Abstieg, um Bildung und den eigenen Vater. Der steht auch im Zentrum von Jan Weilers Roman »Der Markisenmann« (Heyne), der zwar ein Handelsvertreter für DDR-Restbestände ist, aber im Westen lebt. In Duisburg-Meiderich, um genau zu sein. Da ist es doch nur konsequent, dass der Roadmovie entlang der A40 spielt!
Preisverleihung am 15. September in der Werk-Stadt Witten