Mit Dietlind Falk, Sarah Jäger, Necati Öziri und Sina Scherzant sind vier junge Autor*innen für den Literaturpreis Ruhr nominiert.
Die eine nimmt uns mit in ein Tattoostudio, in dem alternde Männer eine ziemlich irre Freundschaft führen, während die drei anderen vom Erwachsenwerden erzählen: Gemeint sind Dietlind Falk, Sarah Jäger, Necati Öziri und Sina Scherzant, die allesamt auf der Shortlist des Literaturpreises Ruhr gelandet sind. Gleich drei Frauen stehen damit zur Wahl um den mit 15.000 dotierten Hauptpreis, der am 11. September auf Schloss Horst verliehen wird. Und die diesjährige Bestenliste ist zudem auffallend jung: Die Autor*innen sind alle noch nicht lange im Geschäft (zwei der vier Bücher sind literarische Debüts), einige Geschichten drehen sich um junge Menschen.
Etabliert und renommiert ist die Auszeichnung, die seit 1986 vom Regionalverband Ruhr vergeben und vom Literaturbüro Ruhr organisiert wird. Schon Max von der Grün oder Ralf Rothmann waren mit ihr geehrt worden. Allerdings war dieser 2023 dann für »Die Nacht unterm Schnee« sogar gleich ein zweites Mal nominiert worden – und von der Shortlist auf eigenen Wunsch zurückgetreten. Anders, als in den Anfangsjahren wird mit dem Literaturpreis Ruhr inzwischen ein aktuelles Werk gewürdigt – nicht mehr ein Gesamtoeuvre. Das wiederum hat dafür gesorgt, dass immer öfter auch Erstlingswerke in die Auswahl rutschten –und die Jury dabei einen guten Riecher etwa mit Mithu Sanyal oder Annika Büsing bewies.
56 Werke auf der Leseliste
Voraussetzung ist, dass die nominierten Titel alle vom Ruhrgebiet handeln oder hier entstanden sind. Für den Hauptpreis kamen Bücher in Frage, die im Zeitraum vom 1. Mai 2023 bis 30. April 2024 in einem Verlag oder per Selfpublishing erschienen waren. 56 literarische Werke aus unterschiedlichen Genres hatten auf der Leseliste der Jury gestanden. Darunter »No Regrets« der Düsseldorferin Dietlind Falk, das, so die Jury »rotzig, komisch, traurig und mit ganz viel Herz« von einem Tattoostudio im Revier erzähle. Sarah Jäger ist nicht das erste mal für den Literaturpreis Ruhr nominiert: Schon 2021 hatte sie für »Nach vorn, nach Süden« auf der Shortlist gestanden. Ihr zweiter Roman »Die Nacht so groß wie wir« schaffte es sogar in die enge Auswahl um den »Deutschen Jugendliteraturpreis 2022«. In »Und die Welt, sie fliegt hoch« erzählt sie die Geschichte zweier Teenager als eine Abfolge von Sprachnachrichten, und das mit poetischer Kraft und illustriert von Sarah Maus. Neu auf der Bühne der Öffentlichkeit ist Sina Scherzant nicht: Die gebürtige Mendenerin ist Podcasterin und Drehbuchautorin und hat mit »Am Tag des Weltuntergangs verschlang der Wolf die Sonne« eine Geschichte über das Erwachsenwerden im Dortmund der Nullerjahre geschrieben. Und auch Necati Öziri ist zwar mit seinem Debüt »Vatermal« nominiert worden, als Theaterautor aber schon länger etabliert. Bei den 45. Tagen der deutschsprachigen Literatur (Ingeborg-Bachmann-Preis) hatte er den Kelag-und den Publikumspreis gewonnen. In seinem ersten Roman erzählt er nun von der Suche eines Sohnes nach seinem Vater. Eine ebenso »intime wie politische Geschichte mit Wucht, Wut, Witz und Zärtlichkeit«, so die Jury, zu der diesmal Christa Becker-Lettow (RVR), die Journalistin Cathrin Brackmann, der Literaturwissenschaftler Peter Goßens von der Ruhr-Universität Bochum, der Musiker und Autor Murat Kayı und der Buchhändler Patrick Musial gehörten.
Preisverleihung am 11. September im Schloss Horst, Gelsenkirchen