Das Meer schlägt Wellen. Da, eine Möwe. Eine zweite. Vielleicht sind es Tristan und Isolde. Oder ist das zu banal gedacht? Während des Orchestervorspiels zu Richard Wagners Oper schaut das Publikum auf eine Leinwand. Eigentlich sollten die Videos von Martin Andersson eine große Rolle in dieser Neuinszenierung spielen. Doch sie verschwinden, kommen erst im zweiten Akt wieder. Und sie entfalten keine große Wirkung, bleiben dekorativ.
Bei den Proben zur Eröffnungspremiere von Rebekah Rotas Intendanz an der Wuppertaler Oper scheint einiges schief gelaufen zu sein. Dem Videokünstler wurde Edison Vigil mit der seltsamen Bezeichnung »Regie Bühne« zur Seite gestellt. Vigil lässt das Ensemble brav und psychologisch durchaus schlüssig die Rollen spielen, eine Neudeutung ist aber nicht zu erkennen.
Wenn man sich darauf einlässt, ist das gar nicht so schlimm. Denn oft werden gerade die Opern Richard Wagners mit Gedanken und Konzepten so überladen, dass Einsteiger kaum noch erkennen, worum es im Kern geht. In Wuppertal wird die Geschichte fast schon naiv erzählt. Da soll ein Held (Tristan) seinem König (Marke) die neue Braut Isolde zuführen. Isolde allerdings hat sich in Tristan verliebt, obwohl der ihren Verlobten getötet hat. Die beiden berauschen sich an einem Liebestrank. Und weil sie »heiß erglühter Brust höchste Liebeslust« nicht nur empfinden, sondern in die Tat umsetzen, kommt die Tragödie ins Rollen. Denn ihre Liebe ist Hochverrat.
Emotional, aber ohne Kitsch
Ein zutiefst romantisches Stück über die Todessehnsucht und die Erlösung, erzählt durch eine sinnliche, langsame, überwältigende Musik. Wuppertals Generalmusikdirektor Patrick Hahn dirigiert mit – für Wagner-Verhältnisse – straffen Tempi, voller Emotionalität, ohne Kitsch. Die Sinfoniker erweisen sich als Spitzenorchester.
Und auch das Gesangsensemble kann sich hören lassen. Der australische Tenor Samuel Sakker singt die monumentale Tristan-Partie mit lyrischer Geschmeidigkeit, nachdenklich und klangschön. Sein einziges Problem bei der Premiere war, dass die unfassbar kraftvolle Sopranistin Stephanie Müther als Isolde kurzfristig einsprang und den Rest des Ensembles an die Wand sang.
Aus dem neuen Wuppertaler Ensemble waren noch nicht so viele Stimmen zu hören. Das liegt daran, dass Intendantin Rebekah Rota zum Saisonstart noch nicht alle Sänger*innen zusammen bekommen hat und deshalb erst einmal zwei Stücke zeigt, in denen viele Gäste singen. Neben dem »Tristan« ist es das Musical »Cinderella«. Der finnische Bassbariton Erik Rousi hat als König Marke schon einmal überzeugt, mit einer warmen, differenzierten Stimme. Seine witzige Seite wird er als Falstaff in den »lustigen Weibern von Windsor« am Saisonende zeigen. Auch sonst ist »Tristan und Isolde« gut besetzt. Opernfans könnten die inhaltliche Auseinandersetzung vermissen. Wer ohnehin nur die Musik hören will oder einen Erstkontakt zu Wagner sucht, ist in dieser Inszenierung gut aufgehoben.
Wieder am 24. Februar, 17. und 24. März