In Arnsberg gibt es das Sauerland-Museum zu entdecken, dass die Geschichte einer ganzen Region erzählt – und ein Traditionshaus mit einem spektakulären Neubau verbindet.
Das Sauerland-Museum hat zwei völlig unterschiedliche Gesichter. Je nachdem, ob man es von oben oder von unten anschaut. Oben geht das Publikum über einen gepflasterten Hof auf den Eingang eines hübschen Palais zu. Der »Landsberger Hof« war 1605 ein Geschenk des Kurfürsten Ernst von Bayern an seine Mätresse Gertrud von Plettenberg. Mätresse war übrigens damals eine hoch angesehene Funktion und beschränkte sich nicht auf erotische Dienstleistungen, Gertrud war auch die Verwalterin des Fürsten. Vor sechs Jahren wurde dieses Schlösschen durch einen spektakulären Neubau ergänzt. Der führt nun 20 Meter terrassenförmig in die Tiefe, eine tolle Mischung aus barocker und moderner Architektur von bez+kock Architekten.
»Der Bau hat zahlreiche Architekturpreise gewonnen«, sagt Museumsleiter Oliver Schmidt. »Die Menschen kommen nicht nur wegen des Inhalts des Museums nach Arnsberg, sondern auch wegen der Architektur. Diese Verbindung zwischen Altstadt und Neustadt funktioniert hervorragend.« Dabei war der Startschuss nicht einfach. Auf die Eröffnung im Jahr 2019 folgte erst mal die Pandemie. Wie überall kamen alle Aktivitäten zum Erliegen, keiner wusste, was die Zukunft bringt. Doch mit anspruchsvollen Ausstellungen über populäre Themen wie Hexen, den Wald und das Bier lockte das Museum viel Publikum an und hat sich etabliert. »Wir wollen ein Museum für alle sein, und das wird auch entsprechend angenommen«, sagt Oliver Schmidt.

Die Möglichkeiten sind durch den Neubau stark gewachsen. Es gibt große Ausstellungsräume im Erdgeschoss und kleinere auf dem Weg dorthin. Da kann das Museum auch Kabarettveranstaltungen, Diskussionen oder kleine Konzerte anbieten. Es soll ja ein »Museums- und Kulturforum« für Südwestfalen sein, sich also nicht nur auf die Dauer- und Sonderausstellung beschränken.
Eine Sensation ist dabei das Treppenhaus. Natürlich gibt es auch einen Lift, ein Neubau muss rollstuhlgerecht sein. Wobei die Wände, die oft mit Projektionen, Bildern und Texten bespielt werden, von Gehbehinderten nicht richtig wahrgenommen werden können. Was hier zu sehen ist, bleibt ein oft faszinierendes Zusatzangebot. »Das Treppenhaus ist ein großer Raum«, erklärt Oliver Schmidt. »Bei so einer Ausstellungsfläche über drei Etagen mit insgesamt 500 Quadratmetern kann man das nicht leerstehen lassen. Wir dürfen da keine dreidimensionalen Objekte hinstellen, aber wir bespielen die Wände. Das ist oft lustig, immer informativ.« Und wie wird es angenommen? »Die meisten Besucher laufen zu Fuß runter und fahren mit dem Aufzug wieder hoch.«
Eine zweite Sensation ist die Brücke zwischen Alt- und Neubau. Sie führt über die Ruhr und bietet tolle Perspektiven auf Fluss und Stadt. Und zwar bei jedem Wetter, wenn die Sonne strahlt, aber gerade auch wenn mal ein Sturm tobt. Kein Wunder, dass Leute kommen, nur um diese Architektur zu erleben. Aber natürlich hat Oliver Schmidt als Museumsleiter den Anspruch, auch mit seinem Programm zu glänzen. Eine große, selbst produzierte Ausstellung pro Jahr gibt es, flankiert mit ein paar kleineren. In diesem Sommer zeigt das Sauerland-Museum eine Schau über Höhlenmalerei unter dem Titel »Bilder im Dunkeln«. Die stammt zwar vom Neanderthal-Museum, passt aber auch ins Sauerland, in dem viele Zeugnisse aus der Ur- und Frühgeschichte überlebt haben.
Währenddessen wird die nächste große eigene Ausstellung für den Herbst vorbereitet. »Mit Herz, Hand und Verstand – demokratisches Leben im Sauerland« ist der Titel. »Das Thema hat ja leider an Brisanz gewonnen«, erzählt Oliver Schmidt. »Da geht es darum, wie Demokratie erkämpft wurde, verloren gegangen ist und wieder aufgebaut wurde. Natürlich mit dem Blick in die Gegenwart.«