1,390 Milliarden Euro hat der Westdeutsche Rundfunk mit seinen sechs Sendern im Jahr 2015 eingenommen. Den Großteil davon, 1,160 Milliarden Euro, verdankt er einem Privileg: Als Anstalt des öffentlichen Rechts erhält der WDR aus der Haushaltsabgabe Geld, unabhängig davon, ob die – unfreiwilligen – Zahler auch nur einmal eines seiner TV- oder Radioprogramme einschalten. Geld, das Freiräume gibt, von denen private Medien nur träumen können. Der WDR könnte es sich leisten, unkonventionell(er) zu sein, zu experimentieren und Nischen zu bespielen, die kommerzielle Sender, die von Werbeeinnahmen oder Abonnenten abhängig sind, nicht bedienen. Eine Freiheit, die das Kölner Haus immer seltener nutzt.
In den 1970er und 80er Jahren waren es Serien wie »Ein Herz und eine Seele«, der den deutschen Krimi neu definierende rüde Duisburger Schimanski-»Tatort« und die Gong-Show, mit denen der WDR Sehgewohnheiten brach. Heute zeigen Extra3 vom NDR, Quer im Bayerischen Rundfunk oder das Neo Magazin Royale mit Jan Böhmermann, das auch Öffentlich-Rechtliche buchstäblich aufregend sein können. Trotz der Innovationsoffensive des WDR vor einem Jahr gelang nichts Vergleichbares.
Die Radiosender werden stromlinienförmiger. Zuerst traf es 2012 WDR3. Trotz eines von 19.000 Hörern unterzeichneten Protestbriefs, der Kritik aus eigenen Reihen und Aktionen des Vereins »Die Radioretter« wurde WDR3 umgebaut: Nachdem der Kultursender des WDR seit 2008 schon 30 Prozent Wortanteil verloren hatte, folgten nun weitere Kürzungen beim politischen Feuilleton und beim Feature. Ab kommenden Juli wird Funkhaus Europa umgewandelt. Nicht alles an den Plänen ist schlecht. Das ab 18 Uhr Sendungen in sechs Sprachen parallel online gestreamt werden, darunter erstmals auch auf Arabisch, ist eine sinnvolle Erweiterung des Repertoires. Doch dass die WDR-Hörfunkdirektorin Valerie Weber das Musikprogramm am Tag glättet, das Angebot zusammenstreicht und anstatt auf redaktionelle Auswahl an Musik auf bunt-beliebige Weltmusikmischung setzt, ist als Verlust zu verbuchen.
Bei den Radiomachern hat die Entscheidung zum Formatwechsel dafür gesorgt, dass die ohnehin schlechte Stimmung weiter absackt. »Viele sind sauer«, sagt ein WDR-Mitarbeiter zu k.west, »weil mit Funkhaus Europa ein weiterer WDR-Sender seine Individualität verliert. Viele Redakteure sehen darin eine direkte Bedrohung ihrer Arbeit«. An Valerie Weber, die vor ihrer 2013 übernommenen Funktion als Hörfunkdirektorin in Köln Programmdirektorin und Geschäftsführerin des Privatrundfunksenders Antenne Bayern war, lassen die internen Kritiker kein gutes Haar. Sie habe, heißt es polemisch, von Qualitätsradio keine Ahnung, ihre Welt sei die der Radio-Preisausschreiben und des Dudelfunks entlang der Hits der 80er und 90er und dem Besten von heute.
Ein nicht ganz korrekter Vorwurf, wie die Umgestaltung von WDR3 zeigt. (…)
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