Kunst im Industriegebiet, Wunsch nach Provokation oder Schwerpunkt Medien – es gibt Kunstvereine, die machen alles ein bisschen anders als andere. Wie in Mönchengladbach, Aachen und Dortmund.
Kunst im Industriegebiet, Wunsch nach Provokation oder Schwerpunkt Medien – es gibt Kunstvereine, die machen alles ein bisschen anders als andere. Wie diese drei für den *Weststern nominierten in Mönchengladbach, Aachen und Dortmund.
MMIII – Kunstverein Mönchengladbach
Gründung: 2003
Mitglieder: 80
Hauptamtlich Beschäftigte: 0
Herausfordernder Raum: Mönchengladbach
Den MMIII Kunstverein in Mönchengladbach zu finden, ist gar nicht so einfach – mitten in einem Industriegebiet nördlich der Innenstadt. Er ist in einer hohen Halle untergebracht, mit einer Stahlempore, auf der sich noch die Spuren von Industrieanlagen finden. Viel Platz für Ideen: Die aufregendsten Installationen wurden hier schon gezeigt – zuletzt etwa riesige schwarze Paneele, die Christian Helwing als »Irritationskörper« einbaute. »Der Raum hat eine extreme Auswirkung, weil er sowohl für die Künstler als auch für uns eine große Herausforderung ist«, meint der erste Vorsitzende und künstlerische Leiter des Kunstvereins, Klaus Schmitt. »Er hat einen bestimmten Charme, bringt aber auch eine gewisse Brutalität mit sich.«
Gegründet wurde der Kunstverein 2003 – deshalb auch die römische Zahl MMIII im Namen – von einer Gruppe aus engagierten Bürger*innen, einem Künstler, einer Designerin und einem Kunsthistoriker. Das hätte ihn auch von Anfang an ausgemacht, meint Klaus Schmitt, und für ein außergewöhnliches Programm gesorgt. Von den Gründungsmitgliedern sind inzwischen ein paar aus Altersgründen aus dem Vorstand ausgestiegen. Als Bedingung mussten sie allerdings ein jüngeres Mitglied anwerben – so verändert sich die Altersstruktur ständig. Um auch ein neues Publikum anzuziehen, gibt es zusätzlich zu den Ausstellungen einmal im Jahr das »Encore Noisefest« – eine Kombination aus Wandmalereien und experimenteller Musik.
Ursprünglich waren lediglich drei Hauptausstellungen geplant, denn der Kunstverein muss ohne Heizung auskommen. In den Wintermonaten ist es schlicht zu kalt für einen längeren Aufenthalt. Die Wandmalerei des »Encore Noisefests«, aber auch ein ursprünglich mal eintägig geplantes Licht- und Videoevent sind wegen des großen Zuspruchs inzwischen aber auch länger zu sehen, so dass die Halle doch fast ganzjährig bespielt wird. Und das, obwohl der MMIII Kunstverein komplett ehrenamtlich geführt ist – was aber auch von Vorteil sei, wie Klaus Schmitt betont: »Wir sind ein kleiner bürgerlicher Verein und können im Prinzip machen, was wir wollen. Das ist das Schöne und Lustvolle.«
Vom 13. September bis 12. Oktober 2025 ist eine Ausstellung mit Gemälden von
Daniel Schubert zu sehen.

Neuer Aachener Kunstverein
Gründung: 1986
Mitglieder: 350
Hauptamtlich Mitarbeitende: 2
Die Dosis Provokation: Aachen
Aus Prinzip anders ist der Neue Aachener Kunstverein. Wobei das Neu im Namen hier gar nicht als inhaltlicher Hinweis zu verstehen ist, sondern rein praktische Erwägungen hatte. Als er 1986 gegründet wurde, gab es gar keinen alten Aachener Kunstverein, von dem er sich absetzen müsste. Aber einen Aachener Karnevalsverein, der mit AKV dann die gleiche Abkürzung gehabt hätte. Also wählte man den Namen so, dass sich die Abkürzung NAK ergab. »Wir machen Dinge anders als andere«, sagt Direktor Maurice Funken. Viel bewege sich im Randbereich der Kunst, mit Performances oder auch Musik. »Unsere Positionen haben entweder einen popkulturellen Anstrich oder sind politisch«, so Funken. So waren 2024 eine Klanginstallation der Künstler und Musiker Max Eilbacher und Phillip Sollmann zu erleben und eine Ausstellung von Monty Richthofen. 2019 hatte hier die erste institutionelle Einzelausstellung mit Fotos und Videos des Schauspielers Lars Eidinger stattgefunden – bevor seine Kunst zum Mainstream wurde.
Untergebracht ist der Kunstverein in den Räumlichkeiten des ehemaligen Grünflächenamtes im Stadtpark, die das Architekturbüro Heins umgestaltete und erweiterte. Wie in anderen Kunstvereinen auch, geht es in Aachen darum, das Publikum zu vergrößern und zu verjüngen und neue Mitglieder zu gewinnen. Denn obwohl hier viele Studierende leben, wirkt sich das nicht auf die Mitgliederstruktur aus. Der Kunstverein wird im kommenden Jahr 40, viele Mitglieder sind von Anfang an dabei und kommen langsam in ein Alter, wo Jüngere nachrücken müssen. Ob dies aber gelingt? Maurice Funken schlägt vor, grundsätzlich über die Strukturen von Kunstvereinen nachzudenken – und darüber, ob Mitgliedschaften überhaupt noch zeitgemäß sind. Den grundsätzlichen Bedarf für den Kunstverein in der Stadt sieht er aber heute mehr denn je: »Ich bin aus der Region und möchte ein wenig bewegen.« In Aachen sei es nötig, ein Kunst- und Kulturprogramm am Laufen zu halten. Dies auch gerne mit einer Dosis Provokation: »Wir möchten Denkanstöße geben.«
Vom 14. September bis 26. Oktober 2025 wird die Gruppenausstellung »Layers in
Complexity« gezeigt.

HMKV – Hartware MedienKunstVerein
Gründung: 1996
Mitglieder: 10
Hauptamtlich Mitarbeitende: 24
Befragung der Gegenwart: HMKV Dortmund
Wenn ein Kunstverein komplett anders ist als andere, dann der HMKV, der Hartware MedienKunstVerein in Dortmund. Nicht nur von seiner Struktur und Finanzierung her – denn er bekommt eine Grundförderung der Stadt Dortmund und eine institutionelle Förderung des Landes NRW. Auch das Programm ist einzigartig: Es widmet sich ausschließlich der Medienkunst. Dabei, so erklärt die Direktorin Inke Arns, ginge es nicht um Medienkunst als technisch definiertes Genre, sondern um Künstler*innen, die sich thematisch mit den Veränderungen, die durch Technologie bewirkt werden, auseinandersetzten. »Das können sie aber durchaus auch mit analogen Medien machen«, sagt Arns. Etwa mit Zeichnungen oder Skulpturen, die sich mit der Frage beschäftigten, wie sich unsere Gesellschaft unter dem Einfluss von Medien und Technologien verändert. So entstehen Gruppen- oder Einzelausstellungen etwa zu Künstlicher Intelligenz, die die Gegenwart befragen und ein vor allem junges Publikum ins Kulturzentrum Dortmunder U locken.
Gestartet war der HMKV in einer Industriehalle auf Phoenix-West. Seit 2010 bespielt er die dritte Etage im U, in guter Gesellschaft zum Museum Ostwall, zu einem Labor für die kulturelle und mediale Bildung, einem Teil des Campus der Technischen Universität und einem Multimedia-Arbeitsbereich der Fachhochschule. »Das ist ein Mix von sehr unterschiedlichen Partnern im Haus, die sich gegenseitig befruchten – und das Publikum des einen geht eventuell auch zu den anderen«, so Arns, die schon seit 2006 den HMKV leitet, der als einziger gar nicht mehr Mitglieder haben möchte. Und großen Wert auf Vermittlung legt: Seit Beginn des Angriffskrieges auf die Ukraine werden sogar Führungen auf Ukrainisch für die Geflüchteten angeboten. »Das ist eine sehr treue Gruppe, die uns immer wieder besucht. Daraus hat sich eine schöne Beziehung entwickelt«, sagt Arns, die ihre Arbeit als »Riesenspaß« empfindet: Langweilig werde es nie, weil sich schließlich die Welt ständig weiter verändere.
Vom 13. September 2025 bis 18. Januar 2026 widmet sich die Gruppenausstellung
»Genossin Sonne« dem Kosmos.