Die Düsseldorfer Kunstakademie plant Feierlichkeiten zu ihrem 250-jährigen Jubiläum – und alle machen mit.
Beim letzten runden Geburtstag hatte die Kunstakademie aufs Feiern verzichtet. Denn nach der fristlosen Entlassung von Joseph Beuys befürchtete man, wohl nicht ganz zu Unrecht, das Jubiläum könne zum großen Protestfest ausarten. Allein Beuys und seine Fans begingen damals die 200 Jahre, inoffiziell. Und zogen dazu in ihre Altstadt-Stammkneipe »Ohme Jupp«.
Heute – rund 50 Jahre sind vergangen – steht das nächste große Jubiläum an. Und wieder scheint die Stimmung ziemlich aufgeheizt am Eiskellerberg. Nach Corona, dem Rücktritt von Direktor Karl-Heinz Petzinka und der misslungenen Direktor*innen-Wahl vergangenen Dezember brodelt es geradezu in der Kunstakademie – und nicht weniger im Netz. Man hört und liest von Lagern, die einander gegenüberstehen. Von Machtkämpfen und einer Spaltung, die quer durch das Institut verlaufe. Auflehnung ist angesagt – gegen Bevormundung, Bürokratie und das Ministerium. Einen Höhepunkt hatte das Debakel Mitte März erreicht, als Johannes Myssok seine Ämter als kommissarischer Rektor und Prorektor niederlegte und die Kunstakademie plötzlich ohne Leitung dastehen ließ.
Trotz allem soll diesmal groß gefeiert werden. Nicht nur in der Kneipe, wie vor 50 Jahren, sondern in der ganzen Stadt. Und ziemlich rauschend, wie es klingt, wenn Robert Fleck, Professor und Koordinator der Feierlichkeiten, von den Plänen erzählt: »Wir gehen raus«, diesen Vorsatz habe man schon früh gefasst. Weil die Kunstakademie zwar auf der einen Seite sehr bekannt sei, aber auf der anderen recht geschlossen. Da hat Fleck Recht. Nur zu den Rundgängen am Ende des Semesters darf man hineinschauen, ansonsten bleibt verborgen, wie die Lehre hinter den alten Mauern läuft. Interessanter noch als der Vorsatz hinauszugehen aber ist, wie die Akademie – wie Studierende, Klassen, Gruppen, Professor*innen, Dozent*innen – ihn mit eigenen Ideen verwirklichen. Dabei sind offenbar erstaunlich wenige Vorgaben im Spiel. Das ganze Fest wird weniger von oben geplant, als vielmehr von unten mit Leben gefüllt, so scheint es.
Die Wurzeln der Akademie reichen bis Rom
Anfangs sei die Resonanz nicht sonderlich gewesen, bemerkt Fleck und äußert Verständnis. Es sei ja normal, dass die Studierenden vor allem das laufende Semester im Kopf hätten. Doch nach und nach habe es sich herumgesprochen, dass es eine Finanzierung gibt, dass man Projekte draußen realisieren kann und dass diese Chance doch eigentlich genutzt werden müsste. »Es gab eine Superwelle, mittlerweile haben wir an die 50 Projekte, die zum Jubiläum realisiert werden«, man hört Fleck die Freude an. Auch wenn ihm als Koordinator diese »Riesenwelle« schlaflose Nächte bereiten dürfte. Zumal die Feierlichkeiten schon im April starten und das ganze Jahr über fortlaufen sollen.
Danica Dakic, Professorin für Film und Video, ist mit Studierenden bereits unterwegs in Rom, wohin die Wurzeln der Düsseldorfer Akademie reichen. Die Klasse entwickelt filmische Werke, in denen es um die Vergangenheit und Gegenwart des Instituts geht. Auch eine Gemeinschaftsarbeit soll entstehen und ab Juni auf der riesigen LED-Wand im Kö-Bogen II gezeigt werden. Die Bühnenbildklasse von Lena Newton will im April einen Workshop mit dem Tanztheater Wuppertal durchführen und die Ergebnisse ebenfalls im Juni öffentlich machen – gedacht ist an Performances mit Passanten. Auch Evamaria Schaller, Lehrende im Orientierungsbereich der Hochschule, plant mit ihren Studierenden Performances, die Fremdenführungen ähneln und im Juli zum Sommerrundgang rund um die Akademie stattfinden sollen.
Passend zu den 250 Jahren, plant Sabrina Fritschs Malereiklasse für den August eine 250-Stunden-Ausstellung mit Workshops und Vorträgen in der Sammlung Philara. Die Student*innen von Peter Piller wollen mit ihren Fotocollagen große Plakatflächen bespielen. Und die Klasse von Thomas Scheibitz schafft gemeinsam Gemälde und Collagen, die auf Banner gedruckt und an Bauzäune montiert werden sollen.
So viel zur Gegenwart. Die Vergangenheit der Kunstakademie nehmen zwei Buchprojekte in den Blick. Das eine beschreibt die künstlerische Lehre an der Akademie im Wandel der Zeit seit 1773. Im anderen dreht sich alles um einen besonderen Schatz: Die 40.000 Blätter starke grafische Sammlung der Kunstakademie, die sich als Leihgabe im Kunstpalast befindet. Der Künstler und Gründer der Düsseldorfer Akademie Lambert Krahe hatte sie im 18. Jahrhundert überwiegend in Rom zusammengetragen und dabei vor allem ein Auge auf italienische Zeichnungen und Druckgrafik geworfen. »Wir haben immer wieder versucht, Klassen dazu zu bringen, sich mit der Sammlung zu beschäftigen – es hat aber nie funktioniert.«
Jetzt aber: Das neue Projekt gesteht jedem Teilnehmer eine Doppelseite zu. Für die eine suchen sich die Studierenden eine historische Arbeit aus der Sammlung aus, auf der gegenüberliegenden formulieren sie ihre eigene künstlerische Antwort darauf. Rund 200 machen mit, was mehr als einem Drittel der Studierenden an der Akademie entspricht – »ein Wunder«, jubelt Fleck. Auch wenn das Ergebnis mit 400 Seiten dann fast Telefonbuchformat haben wird.
Die Veröffentlichung der beiden Druckwerke ist für die erste Oktoberhälfte geplant, wenn auch die offiziellen Jubiläumsfestivitäten über die Bühne gehen sollen – mit einem Festakt und mit der Politik. Ob es so kommt wie geplant, müsse aber die nächste ordentlich gewählte Direktorin oder der nächste Direktor entscheiden. Neuwahlen sind für den 24. April anvisiert – Fleck rechnet fest mit einer Wiederwahl der Kandidatin, die schon am 19. Dezember knapp das Rennen gemacht hatte, aber vom Ministerium wegen Verfahrensfehlern bei der Wahl nicht anerkannt worden war: Donatella Fioretti.