…am besten wissen das Buchhändler*innen wie Peter Seiler, über den es sogar ein hauseigenes Pixi-Buch gibt. Da sieht man ihn direkt vor seinem Geschäft in der Nähe des Theaters in Münster stehen, um vergnügt jeden einzelnen seiner Kund*innen Willkommen zu heißen – Anspruch oder Wirklichkeit? »Realität!«, sagt der 50-Jährige schmunzelnd. Auch wenn ihn das Tagesgeschäft immer öfter für Administratives an den Schreibtisch zwinge. Sein auf Kinder- und Jugendliteratur spezialisierter Laden lebt vor allem von der Stammkundschaft. Vor mehr als 20 Jahren hatte Seiler die »Schatzinsel« zunächst mit zwei Geschäftspartnerinnen gegründet und natürlich nicht zufällig nach einem seiner Lieblingsbücher benannt. »Bis heute empfehle ich noch gern die Rote Zora dazu«. In Peter Seilers Geschäft gibt es neben fein kuratierter Belletristik eine große Vielfalt an Comics, Fantasy und Märchen, Kinderkrimis, -klassiker und -sachbücher, Erstlese-, Bilder-, Vorlese- und Jugendausgaben. Aber was macht ein gutes Buch für Kinder und Jugendliche aus? »Es braucht Tiefe und Herz«, so der gelernte Buchhändler. Für die Kleinen empfiehlt er gerade gern »Am Leuchtturm gibt es Erdbeereis«, ein Bilderbuch aus dem Moritz-Verlag. Erwachsene sollten einen wiederentdeckten Band von Herbert Clyde Lewis lesen. Zum Lachen und Nachdenken.
Peter Seiler empfiehlt: Herbert Clyde Lewis »Gentleman über Bord«
Ich liebe die Klassiker der mare-Reihe, die sehr schön aufgemacht sind, wunderbare Leineneinbände haben und in einem hochwertigen Schuber erscheinen. So auch Herbert Clyde Lewis’ herausragendes »Gentleman über Bord«, das im Original schon 1937 in Amerika erschienen ist, aber erst im vergangenen Jahr ins Deutsche übersetzt wurde. Erzählt wird darin von einem New Yorker Geschäftsmann Mitte 30, der in eine Krise gerät. Henry Preston Standish lässt seine Frau und die beiden Kinder zurück, um eine Schiffsreise an die Westküste und dann weiter nach Honolulu zu machen. Von dort aus reist er mit einem Fracht- und Passagierschiff nach Panama. 21 Tage, ohne jede Verpflichtung: Er genießt seine ruhige Seereise immer mehr, steht gerne morgens sehr früh auf und hat auf dem Schiff schnell eine Lieblingsstelle nah am Wasser ausfindig gemacht, von der aus er allerdings an einem Morgen völlig unerwartet durch eine Unachtsamkeit über Bord geht. Anfangs findet er seine Lage sogar lustig – er versucht zu schreien, merkt aber, dass er das gar nicht richtig kann, weil er in seinem Leben noch nie richtig um etwas schreien musste. So bleibt sein Verschwinden zunächst unbemerkt, das Schiff entfernt sich immer weiter und er hat plötzlich viel Zeit, um nachzudenken. Und der Leser? Der folgt ihm gespannt, seinen Gedanken und seiner Geschichte. Die tragisch ist, ein bisschen melancholisch und voller Humor.
Herbert Clyde Lewis: »Gentleman über Bord«, mare Verlag, 176 Seiten, 28 Euro