Der Club 27 hat die härteste aller denkbaren Eintrittsvoraussetzungen: Man muss sterben, um ihm beizutreten, und zwar im Alter von 27 Jahren. Als in den 1960er- und 70er-Jahren auffällig viele Rockstars in diesem Alter gestorben waren, begründete das einen Mythos. Das Schauspielhaus Bochum hat ihm jetzt einen Liederabend gewidmet, der sicher ein riesiger Erfolg wird – aber trotzdem nicht alles richtig macht.
Brian Jones, Gründungsmitglied der Rolling Stones, gilt als das erste Mitglied des Club 27. Er ertrank im Juni 1969 in seinem Swimmingpool. Es folgten unter anderem Janis Joplin, Jimi Hendrix und Jim Morrison von The Doors. Die Tode von Nirvana-Frontmann Kurt Cobain und Amy Winehouse haben den Mythos in die Gegenwart geholt. Die fünf zuletzt genannten bilden das Grundgerüst, auf dem vier Musiker*innen und fünf Schauspieler*innen unter der Regie von Guy Clemens auf der Bochumer Kammerbühne agieren.
Allein vom Personal her ist »Club 27 – Songs für die Ewigkeit« ein Zugeständnis des eigentlich als Erneuerer bekannten Intendanten Johan Simons an die erfolgreiche Vergangenheit seines Hauses: Mit Karin Moog, Oliver Möller und Theatermusiker Karsten Riedel wirken gleich drei Personen mit, die schon beim legendären Musikstück »A Tribute to Johnny Cash« dabei waren, das seit 2008 in über 110 Vorstellungen lief, die meisten davon waren ausverkauft. Auch Veronika Nickl ist seit dieser Zeit am Schauspielhaus Bochum. Schon diese Besetzungsentscheidungen sorgten sicher für ausverkaufte erste Vorstellungen und ein zur Euphorie bereites Premierenpublikum.
Nah am Feuer
Was dem Liederabend definitiv gut gelingt, ist die musikalische Seite. Der aus der deutschsprachigen Indierock-Szene bekannte Stefan »Pele« Götzer hat, erstmals in Leitungsfunktion am Theater, eine tolle Band zusammengestellt, die großartige Coverversionen von Hits wie Jimi Hendrix‘ »Fire«, The Doors‘ »The End« oder Amy Winehouse‘ »Back To Black« spielt.
Das Trauerspiel des Abends ist allerdings Folgendes: Alle Live-Musiker*innen sind auch großartige Sänger*innen, dürfen das aber kaum zeigen. Gitarrist Pele Götzer hat als Sänger seiner Band Astra Kid Chart-Erfolge gefeiert, Linda Bockholt (meistens am Bass) veröffentlicht als Tia Lou Popsongs, genau wie Keyboarderin Louisa Halter als Lilou. Und Karsten Riedel ist in Bochum sowieso eine Legende, unter anderem, weil er Sänger der Ska-Band Alpha Boy School war. Er spielt an diesem Abend allerdings nur Schlagzeug und steuert wie die anderen manchmal Gesänge für den Hintergrund bei. Nur Linda Bockholt bekommt ihren eigenen Song.
Ansonsten muss das Ensemble ran. Das klappt manchmal auch ganz gut, etwa wenn Veronika Nickl sich an Janis Joplin wagt oder Victor Ijdens die extrovertierten Momente des Jim Morrison aufscheinen lässt. Einige andere Gesangsleistungen möchte man allerdings lieber schnell wieder vergessen. Und eine Story, die das ganze zusammenhält, gibt es auch nicht. Bloß Textfragmente, die ein todessehnsüchtiges, exzessives Leben nah am Feuer illustrieren.
»Wenn ich auf der Bühne stehe, schlafe ich mit 25.000 Menschen… und dann geh ich nach Hause und bin allein. Einsamkeit ist die Basis, auf der das ganze Leben steht«, sagt Veronika Nickl in einem berührenden Moment – und geht am Ende wie alle durch den gleißenden Lichtspalt im Bühnenbild von Ingrid Pons I Miras ins Dunkel ein.
22. Februar, 1., 8. und 21. März
Schauspielhaus Bochum