444 Seiten und immer wieder dieser Satz: »Fight the patriarchy«. Er fällt häufig in jenem Buch, das Diana Ringelsiep und Ronja Schwikowski »Punk as f*ck« genannt haben. Es soll die Szene aus dem Blickwinkel von Frauen und queeren Menschen zeigen. Und in der Tat berichten hier Autor*innen oder Gesprächspartner*innen in Berichten, Interviews und biografischen Texten von ihrem Kampf gegen die Dominanz der Männer innerhalb der eigenen Szene.
»Nach wie vor gibt’s überall die sogenannte Männerkumpanei«, sagt etwa Patti Pattex aus Mülheim an der Ruhr, die als Sängerin in Punkbands sowie als Feministin aktiv ist. »Es scheint im Punk heutzutage wieder an der Tagesordnung zu sein, Betroffene nicht ernst zu nehmen.« Sie berichtet diesbezüglich von sexistischen Beschimpfungen. Rina von Drängler wiederum kennt Übergriffe vor der Bühne im Pogo-Pulk ebenso wie üble Beleidigungen: Sie sei ein »Femnazi«, eine »Meinungsterroristin«, eine »Superheldin aller Betroffenen«. Kurzum: Es geht nicht selten erschütternd zu in »Punk as f*ck«.
Zwar ist der Kampf gegen Sexismus ein Thema, das die Gesellschaft mittlerweile wesentlich konsequenter umtreibt, als noch vor zehn Jahren. Besonders ist dieses Buch jedoch schon deshalb, weil hier ein Kampf beschrieben wird, der sicherlich von den Wenigsten in der Punk-Szene verortet wird. Denn die gilt ja klassischerweise als einer der letzten Schutzräume für all jene Menschen, die ausgegrenzt werden. Als Subkultur eines bedingungslosen Miteinanders für die gute Sache. Gegen Rassismus und Faschismus. Und eben auch gegen Sexismus und das Patriarchat.
Bestandsaufnahme der Szene
Die beiden Herausgeberinnen entlarven in »Punk as F*ck« dieses Bild des Schutzraumes nun jedoch als Klischee. Sie haben sich – als Frauen, die selbst in der Punkszene sozialisiert wurden – umgehört. Haben mit 50 Menschen, FLINTA, aus dieser Szene gesprochen. FLINTA steht dabei für Frauen, Lesben, Intersexuelle-, Nicht-Binäre-, Transgender- und Agender-Personen. Ergo: Sie steht für Vielfalt. Und sie steht mahnend als Statement: Auch der Mikrokosmos Punk ist nicht frei von jenen Dingen, die schon den Makrokosmos Gesellschaft durchsetzen und auf eine harte Probe der Empathiefähigkeit und der Fähigkeit zum Umdenken, des Aufbrechens traditioneller Klischees stellen.
»Wir möchten Menschen eine Plattform geben, die es leid sind, in ihrem subkulturellen Umfeld bloß gesehen, aber nicht gehört zu werden«, sagen die beiden Herausgeberinnen. Sie bescheren den Lesenden eine Bestandsaufnahme ihrer Szene. Einen wichtigen Beitrag zur Debatte über Feminismus. Und: ein Plädoyer für eine Kultur des Miteinanders.
Diana Ringelsiep und Ronja Schwikowski: »Punk as f*ck – Die Szene aus der FLINTA-Perspektive«, 448 Seiten, Ventil-Verlag, 24 Euro