Frank
Philipp Schlößmann hat ein traditionelles japanisches Haus gebaut. Mit zwei
LED-Rahmen, die farblich passend zur Stimmung der Szene leuchten. B.F.
Pinkerton macht ständig Selfies mit dem Handy, das Hauspersonal ist traditionell
gekleidet und der Heiratsvermittler Goro sieht mit Plateau-Lackstiefeln und
Ledermantel aus wie ein tuntiger Grufti. Später trägt er Anzug als Zeichen der
Anpassung an den amerikanischen Lifestyle, erinnert auf dem Kopf aber eher an
den Vulkanier Mr. Spock. Die Hochzeitsgesellschaft scheint gerade von einer
Cosplay-Convention (Kostüme: Mechthild Seipel) zu kommen.
Inszenierung nimmt keine Haltung ein
Im zweiten
Akt ist das Papier von den Wänden gerissen. Darüber kleben Plakate mit der
Freiheitsstatue und einem sehnsüchtigen Schriftzug »Hope!«. Gelegentlich
bewegen sich die Hausteile parallel zum Bühnenrand hin und her. Das ändert zwar
nichts an der Raumwirkung, aber die Technik gibt es nunmal her. Der wesentliche
Regieeinfall von Tomo Sugao ist, dass Pinkertons zweite, amerikanische Ehefrau
Kate schon in der Hochzeitsnacht, in der er Cio-Cio-San schwängert, durch die
Szene geistern darf. Das Fatale an diesem Abend ist, dass die Inszenierung
keinerlei Haltung zu dem gefährlichen Gebräu aus Kolonialismus-Kritik,
exotischen Japan- und Anti-Amerika-Klischees, Kinderheirat und Kindesraub
entwickelt. Stattdessen glaubt Sugao, die Geschichte einfach in postmodernem
Manierismus illustrieren zu können, ohne je Verantwortung zu übernehmen.
Gabriel Feltz spielt mit den Dortmunder Philharmonikern einen vollmundigen,
aber wohldosierten Puccini. Anna Sohn ist eine differenzierte Cio-Cio-San und
Andrea Shin ein eleganter und kraftvoller Pinkerton. Zumindest stimmt die
musikalische Seite, ansonsten jedoch enttäuscht der Abend.
10., 19. und 27. Oktober, Theater Dortmund; www.theaterdo.de